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Das Neustadtler Georgs-Kreuz - Multifunktionale Bildsäule auf uraltem Andachtsplatz

Nr. 249 - 1. Jänner 1992 - 21. Jahrgang

Das Neustadtler Georgs-Kreuz - Multifunktionale Bildsäule auf uraltem Andachtsplatz

(Dr. Heimo Cerny)

Zu den eindrucksvollsten Denkmälern religiöser Kleinkunst des Mostviertels zählt die 12 m hohe Georgssäule in Neustadtl. „Sie ist das Wahrzeichen von Neustadt und entstammt dem frühen Barock. Die Säule steht auf dem höchsten Punkt des Marktes, auf dem Friedhof. Die genaue Entstehungszeit und ihre Herkunft sind unbekannt. Wahrscheinlich wurde sie von der Grundherrschaft Seisenegg im Jahre 1664 aufgestellt. Die Vierecksäule ist bekrönt vom Reiterstandbild des hl. Georg. Auf der Säule ist die Hl. Dreifaltigkeit dargestellt. Die Säule ruht auf einem Altartisch, sie ist von einer Marien- und einer Johannesstatue flankiert." So lautet die jüngste Beschreibung der Georgssäule in dem 1988 erschienenen Sammelband "Die Gemeinden des Amstettner Raumes", herausgegeben vom Verein zur heimatkundlichen Forschung im Bezirk Amstetten. Um es gleich vorwegzunehmen: Das Rätsel ihrer Herkunft und Entstehungszeit konnte mittlerweile gelöst werden! Und zwar dank der Öffnung des Seisenegger Schlossarchivs, welches seit Februar 1990 dem NÖ Landesarchiv einverleibt ist und dort benützt werden kann.

Herkunft der Säule

Das Amt Neustadtl (mit 152 Häusern) gelangte im 17. Jahrhundert für kurze Zeit (1650-1664) in den Besitz des Freiherrn Wenzel Hegenmüller von Dubenweiler, Herr zu Albrechtsberg an der Pielach, zu Sitzenthal, Oberranna und Aggsbach. Nach dessen Tod wurde das Amt Neustadtl 1664 an Hans Rudolf von Greifenberg, Inhaber der Herrschaft Seisenegg, veräußert. Im Kaufbrief vom 24. April 1664 (Schlossarchiv Seisenegg, Lade C/109) wird die Georgssäule in einem eigenen Vertragspunkt erwähnt. „Neuntens bleibt die Stainene aufgerichte Marter Seüllen, so nahent bey dem Neustädtel, von Herrn Hegenmüller aufgericht worden, unverrückhter an seinen orth stehen." Wir erfahren also, dass die steinerne Säule von Wenzel Hegenmüller errichtet wurde!

Wer war nun dieser Mann? Das Geschlecht der Hegenmüller ist schwäbischen Ursprungs und kam um 1500 nach Österreich, wo ein Georg Hegenmüller als geheimer Kanzleischreiber des Kaisers Maximilian I. fungierte. Seine Nachkommen machten als Juristen bei Hof Karriere, bereits sein Sohn, Dr. Johann Hegenmüller, wurde 1553 geadelt und stieg zum Hofkanzler Kaiser Rudolfs II. auf. Johann Ruprecht von Hegenmüller (1572-1633), Herr zu Dubenweiler, kaufte von der Hofkammer das konfiszierte Gut Oberranna und den Markt Aggsbach an der Donau, 1629 erwarb er die Herrschaft Albrechtsberg an der Pielach, östlich von Melk. Dessen einziger Sohn Wenzel (geb. 1610) wurde 1650 mit dem Titel „Edler Herr Wenzel Hegenmüller von Dubenweiler, Freiherr auf Albrechtsberg an der Pielach, Sitzenthal und Aggsbach an der Donau" in den erblichen Freiherrnstand erhoben. 1651 wurde ihm das Amt des Erbland-Küchenmeisters in Österreich ob und unter der Enns übertragen. 1658 stieg er in den Reichsfreiherrnstand auf und erhielt eine Wappenbesserung durch die Wappenvereinigung mit dem abgestorbenen Geschlecht derer von Römerstall. Der älteste Sohn Georg Achaz fiel als kaiserlicher Hauptmann gegen die Türken, während der jüngere Johann Ruprecht den Stamm fortsetzte. Das Geschlecht ist bis 1792 in kaiserlichen Kriegsdiensten nachweisbar.

Die nur 14 Jahre währende Zugehörigkeit Neustadtls zur weitentfernten Herrschaft Albrechtsberg (vorher und nachher war Neustadtl immer bei Seisenegg) hat im Bewusstsein der Bevölkerung keine Spuren hinterlassen. Obwohl Wenzel Hegenmüller als Stifter des Neustadtler Wahrzeichens zu gelten hat, ist die Erinnerung an diesen Grundherrn, der niemals hier ansässig war, gänzlich verlorengegangen. Als dann spätere Generationen die Frage nach der Herkunft der prächtigen Bildsäule stellten, nahm sich die Sagenbildung ihrer an: Sie soll einst auf wunderbare Weise donauaufwärts bis Tiefenbach geschwommen sein, wo sie am Ufer liegenblieb. Daraufhin sei sie von den Neustadtler Bauern auf das „Hochkreuzfeld" gebracht und dort aufgestellt worden. Wie so oft in sagenhaften Überlieferungen ist auch in diesem Fall der historische Kern greifbar: Die Säule war ja tatsächlich auf der Donau „heraufgeschwommen", da sie Hegenmüller vermutlich von Melk aus nach Tiefenbach zu Schiff transportieren hat lassen. Natürlich musste sie dann von den Untertanen unter großen Mühen nach Neustadtl hinauf geschafft werden, was sich in der volkstümlichen Überlieferung wohl tief eingeprägt und allmählich sagenhafte Züge angenommen hat!

Bedeutung der Säule

Infolge der Seltenheit der Georgs-Darstellung auf derartigen Bildsäulen drängt sich die Frage auf: Welches Motiv veranlasste den Grundherrn, ausgerechnet eine Georgssäule errichten zu lassen? Vermutlich sollte damit ein Signal katholischer Gesinnung gesetzt werden - eine Heiligensäule als Demonstrationsobjekt der Gegenreformation! Hegenmüller war progressiver Katholik, und das Amt Neustadtl hatte sich zuvor in protestantischen Händen, nämlich der Greiffenberg auf Seisenegg, befunden. Der Drachenkämpfer Georg, hoch zu Ross mit einer Lanze, mag als eindrucksvolles Symbol katholischer Restauration verstanden worden sein. Man kann die Georgsfigur aber auch noch unter einem anderen Aspekt interpretieren: Blickt man auf die Stammtafel der Hegenmüller, so fällt auf, dass Georg zu den traditionellen Hausnamen des Geschlechts zählte. Schon der Ahnherr der österreichischen Linie trug diesen Namen, und auch Wenzel Hegenmüllers Erstgeborener, der in jungen Jahren gegen den türkischen Erbfeind fiel, hieß so. Wollte der Vater seinem unglücklichen Sohn mit der Georgssäule ein Erinnerungsmal setzen? Oder ist sie als Bann-Säule gegen die permanente Türkengefahr zu verstehen?

Zur Erhaltung und Pflege der Georgssäule wurde ein Grundstück gestiftet. Das Pfarrmemorabilienbuch erwähnt hierzu einen alten Stiftbrief in Abschrift vom Jahre 1769. Ende 1826 belief sich das Stiftungskapital auf die ansehnliche Summe von 1.392 Gulden. Laut Statthalterei-Erlass vom 21. Okt. 1851 wurde verfügt, dass aus diesem Kapital auch hilfsbedürftige Untertanen der Pfarre Neustadtl zu unterstützen seien. Die Verwaltung des Vermögens lag bei der Seisenegger Grundherrschaft.

Ikonographie der Säule

Kunstgeschichtlich ist das Objekt dem Frühbarock (um 1630) zuzuordnen. Die viereckige Sandsteinsäule mit der Reiterfigur erhebt sich über einem massiven Steinaltar (aus bodenständigem Granit!), der schon aus älterer Zeit herrühren dürfte. Am Säulenschaft zunächst dem Altar ist Christus am Kreuz in Lebensgröße angebracht, flankiert von den Assistenzfiguren HI. Maria und Hl. Johannes. Über dem Gekreuzigten schwebt Gottvater als Rundrelief in einem Wolkenmedaillon. In das darüber befindliche, ionisierende Säulenkapitell ist die Hl. Geist-Taube verwoben. Wir haben es also auch mit einer Dreifaltigkeitsdarstellung zu tun, die allerdings von dem bei uns üblichen Sonntagberger Gnadenstuhl völlig abweicht! So hatte die Säule also eine mehrfache Funktion zu erfüllen, sind doch drei Andachtsbilder kombiniert: Kreuzigung, Dreifaltigkeit und Hl. Georg.

Stilistisch bildet der Figurenschmuck leider keine geschlossene Einheit, weil die Säule in der Vergangenheit wiederholt restauriert und ergänzt worden ist (zuletzt 1901) und dabei nicht immer sachkundig zu Werke gegangen wurde. Besonders bedauerlich ist dies bei der unmittelbar über dem Altartisch befindlichen, von einem Engelskopf gekrönten Inschriftentafel, die durch unrichtige, verständnislose Nachmeißelung für immer verdorben und unleserlich gemacht wurde. Gerade diese Inschrift könnte uns wertvolle Informationen über Widmung und Bedeutung der Säule liefern!

Die wenigen noch zu entziffernden Fragmente deuten einen Patroziniumswechsel an:

DIVO S. GEORGIO SUB VARIANTE
DI ………………….. XV …………………
SPEIIACST EAEIOAEI  ……………..
ER VARIANTE DVVM SEDE PATROCINIVM

Standort der Säule

Sie steht auf dem Hochkreuzfeld, einer dem Markte südwestlich vorgelagerten, sanften Kuppe mit weitreichendem Fernblick über die Donau, ins untere Mühlviertel und ins Alpenvorland. Die Aussicht von hier Ist noch umfassender als vom benachbarten Kollmitzberg. Solche Plätze hatten seit jeher große Bedeutung als Orientierungspunkte und Signalstationen. Oft entwickelten sich daraus Andachtsplätze und Sakralbezirke, in deren Nähe schließlich Kapellen und Kirchen entstanden. Manches deutet darauf hin, dass es sich hier um einen derartigen „heiligen" Ort handelt. Bezeichnend Ist der alte Flurname „Hochkreuzfeld". Mit Sicherheit befand sich hier schon lange vor der Hegenmüller'schen Säule eine Andachtsstätte - eben ein Kreuz, wohl nur aus Holz, bald aber in Verbindung mit einem steinernen Altartisch. Eine Anknüpfung an einen vorchristlichen Kultplatz wäre - im Vergleich mit ähnlichen Örtlichkeiten - durchaus denkbar. In den ältesten Nennungen ist immer nur vom „Neustadtler Kreuz" die Rede, nie von der Georgssäule. Der Begriff „Kreuz" war also in der Bevölkerung fest verankert, und heute noch spricht man im Volksmund vom „Georgi-Kreuz". Das Georgs-Patronat ist diesem Andachtsplatz erst im 17. Jahrhundert aufgepfropft worden, primär handelt es sich wohl um eine Stätte der Kreuzverehrung. Beachtenswert scheint in diesem Zusammenhang, dass eine erste Kirche („quandam ecclesiam") in der Gegend um Neustadtl dem HI. Kreuz geweiht war, wie einer Urkunde des Bischofs Konrad von Passau 1161 zu entnehmen ist! Das HI. Kreuz galt im 12. Jahrhundert als typisches Kreuzfahrerpatrozinium. Und Neustadtl lag ja auf der Kreuzfahrer-Route, denn die donauabwärts ziehenden Kreuzheere landeten in Ardagger und umgingen den gefährlichen Strudengau über den "mons Hengist", den Hengstberg. Ursprünglich wurde damit auch die Gegend um Neustadtl bezeichnet. Es liegt die Vermutung nahe, dass hier oben, am höchsten Punkt des Übergangs ein weithin sichtbares Zeichen („Hochkreuz“?) als Wegweiser stand. Und es ist nicht auszuschließen, dass an dieser Stelle jene oben erwähnte HI. Kreuz-Kirche errichtet wurde, die unerklärlicherweise bald wieder verschwunden sein muss, die heutige Neustadtler Kirche (1147 erstmal erwähnt) ist dem HI. Jakobus geweiht.

Vielleicht gewinnen die eben dargelegten hypothetischen Überlegungen zum Neustadtler Kreuz an Wahrscheinlichkeit, wenn wir noch eine Episode aus jüngster Zeit miteinbeziehen: Wie ist es zu erklären, dass im Herbst 1972 zwei Französinnen, die nach alten Aufzeichnungen auf den Spuren des ersten Kreuzritters Gottfried v. Bouillon von Paris nach Jerusalem ritten, plötzlich beim Georgs-Kreuz auftauchten und im Etappenziel Neustadtl nächtigten? Die modernen Kreuzfahrerinnen kamen mit ihren Pferden - ohne von Einheimischen gelotst worden zu sein - über Ardagger-Kollmitzberg querfeldein auf das "Hochkreuz" zu! Purer Zufall - oder uralte, verblüffende Zusammenhänge? Die beiden Abenteuerinnen Evelyne und Corinne Coquet veröffentlichten Ihre Reiseerlebnisse später In einem Buch, das auch In deutscher Übersetzung greifbar Ist („Wir ritten nach Jerusalem", Regensburg, 1977).
Seit dem Jahr 1681 sind auch Wallfahrten aus benachbarten Ortschaften zum „Neustadtl-Kreuz" urkundlich belegt (in Kollmitzberger Kirchenrechnungen 1681 und 1718). Ein in Stein gefasster Opferstock rechts neben den Altarstufen mit der Aufschrift FPM (?) erinnert noch an das Spenden-Ritual der Wallfahrer. Bis zu den Josephinischen Kirchenreformen wurden an dieser Stelle auch die Samstags-Litaneien abgehalten.

1831 wurde der neue Friedhof auf das Hochkreuzfeld verlegt, wodurch dem Georgskreuz eine zusätzliche Bedeutung zuteil geworden ist. Welche Funktion die Bildsäule am Hochkreuzfeld auch jeweils haben mochte - Wegweiser, Orientierungspunkt, Signalstation, Freiluftaltar, Stätte der Kreuzverehrung, des Georgs- und Dreifaltigkeitskults, Wetterkreuz und zuletzt Friedhofssäule - dieser Platz hat seinen sakralen Nimbus bis zum heutigen Tag bewahrt. Die Volksfrömmigkeit hat einen uralten Andachtsplatz, dessen ursprüngliche Bedeutung längst in Vergessenheit geraten ist, stets ihren jeweiligen frommen Anliegen und Nöten angepasst.



Literaturangabe:
J.SIEBMACHERS WAPPENBUCH (NÖ.u.OÖ.Adel); MAX VANCSA, Über Bet- und Danksäulen in Niederösterreich, in: Berichte u. Mitteilungen des Altertumsvereins zu Wien 39 (1905); ROMAN HÖDL,Geschichte des Marktes Neustadtl a.d. Donau, Separatdruck aus der 'Topographie von Niederösterreich", Bd.7 (1915); REINHOLD LORENZ, 800 Jahre Neustadt' (Festschrift 1948); FRANZ HULA, die Totenleuchten und Bildstöcke Österreichs (Wien 1948), FRANZ EPPEL, Die Wachau, Nibelungen- und Strudengau (Salzburg 1964); HERWIG HANS HORNUNG, die Inschriften Niederösterreichs, 1. Teil, Die Inschriften der politischen Bezirke Amstetten und Scheibbs (Graz - Wien-Köln 1966); DIE GEMEINDEN DES AMSTETTNER RAUMES, hg. vom Verein zur heimatkundlichen Forschung im Bezirk Amstetten (Amstetten 1988); HANS RAID, Mythos und Kult in den Alpen (Mattersburg 1990).


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