Nr.229 - 1.November 1990 - 19. Jahrgang
Das Römische Wallsee - Kastell
Adjuvense
(Elmar Tscholl)
Von den ansprechenden Werbeprospekten des Fremdenverkehrsverbandes
kennen wir Wallsee als schönen Ort an der Donau, der vom vorgewärmten Freibad
über diverse Sportanlagen, wie Fußballplatz und Tennisplätze über
Wasserschieinrichtungen, Donauwanderwege, Sportfischereiplätze, bis zu
Gasthäusern, die sich besonders der Betreuung der Radfahrer annehmen, so gut
wie alles hat, was einen Fremdenverkehrsort auszeichnet.
Hier aber soll das andere Wallsee vorgestellt werden, das
geheimnisvolle, weit in die Geschichte zurückreichende Wallsee, das sich in den
letzten Jahrzehnten schrittweise seine geheimnisvolle Vergangenheit abringen
ließ!
Ich erinnere mich noch ganz deutlich daran, wie stark uns bei einem
Schulausflug Wallsees Lage auf einer gegen die Donau vorragenden Landzunge
beeindruckte, von wo man aus 50m Höhe das Strombett gut übersehen konnte.
Berührt waren wir von dem auf dem steilen Sandsteinfelsen aufragenden Habsburgerschloss.
Wir fühlten, dass Wallsee ganz anders war als alle Orte im Mostviertel.
Es hatte so viele Besonderheiten und eine eigenartige Ausstrahlung, die
nur einem Ort mit sehr alter Tradition innewohnt.
Was ich damals unmittelbar und instinktiv fühlte, wurde mir seit den
fast 30 Jahren meines ständigen Aufenthaltes in Wallsee von Mal zu Mal stärker
bewusst. Ich möchte hier einige der hervorstechendsten Auffälligkeiten
aufzeigen, die mich zum Nachforschen angeregt haben, denn sie führten mich in
die früheste Vergangenheit zurück.
VIELE TÜRME, WO ABER STEHT DIE PFARRKIRCHE?
Ganz gleich, von welcher Seite man auf Wallsee zukommt, ob von
Strengberg, oder von Aschbach über das Galgenholz oder über die Altarmbrücke
von der Donauseite her, überall fallen die "vielen Türme" ins Auge,
die aus der Dächerschar aufragen. Da ist zuerst der überragende Turm des
Habsburgerschlosses mit seinem grünen Turmhelm und seiner umlaufenden Ballustrade.
Dann in seiner Nähe der Turm der St. Annakapelle mit seiner rötlichen,
neugotischen Turmpyramide, die von der Mühlsteinbrecherzunft im 18. Jahrhundert
auf einem Vorgängerbau des 15. Jahrhunderts errichtet wurde. Schließlich der
aus der Marktplatzmitte aufragende, besonders schmucke Turm mit einem
verhältnismäßig kleinen, angebauten Haus. Von vielen Besuchern nach dem ersten
Eindruck für eine evangelische Kirche gehalten, springen doch am Turm die
schmucke Fassade, die Uhr, die mit Holzjalousien verkleideten
"Glockenstubenfenster", der Turmhelm und seine Spitze besonders ins
Auge.
Jedoch der Turm gehört nicht zu einer Kirche, sondern zum Rathaus,
dessen Erdgeschoß noch 1966 als Zeughaus der Feuerwehr die Spritzen und
Löschgeräte beherbergte. Der Turm war seiner Funktion nach ein TROCKENTURM für
die Hanfschläuche der Feuerwehr nach Übung und Einsatz. Fremde wundern sich,
warum man für diesen profanen Zweck den Turm so luxuriös ausgestattet hat.
In allen Orten des Mostviertels scharen sich die Häuser um die Kirche
als Ortsmitte. Wallsee hat trotz der "vielen Türme" keine Kirche im
Ort! Die Pfarrkirche liegt gut 1 km südlich des Ortes auf einer einsamen,
aber beherrschenden Höhe in Sindelburg!
Warum liegt die Pfarrkirche so weit von den Häusern des Marktes
entfernt?
Durch Zufall gab Wallsee eines seiner Schlüssel-Geheimnisse im Jahre
1966 preis. Bei der Errichtung eines Kanals in der alten Schulgasse bestand ich
darauf, dass das Überwasser der Senkgrube der Schule (jetzt Kindergarten) an
diesen angeschlossen wurde. Der Bagger begann an der Ostgrenze des Grundstückes
in der Flucht der Nordwand des alten Schulgebäudes die Künette zu graben. Am
Nordosteck, da wo jetzt die Stiege zum Kindergarten hinaufführt, konnte der
Bagger nicht mehr arbeiten. Man vermutete, dass hier ein "Felsen"
das Hindernis sei. Ich wusste aber aus der Schulchronik, dass sich vor vielen
Jahren auf dieser Seite des Gebäudes ein Obstgarten befand. Ich verlangte, dass
man ein Stück weiter gegen Testen erneut zu baggern versuchte. Tatsächlich konnte
der Baggerlöffel in das Erdreich eingreifen, und er beförderte schwarze Erde
und große behauene Konglomeratquadern an die Oberfläche. Die Arbeiter
versuchten nun händisch, den "Felsen", der auf 2 1/2 Metern
hinderlich war, abzustemmen. Da dies wegen der Härte nicht gelang, holte man
ein Pressluftgerät, das aber auch fast 1 1/2 Tage brauchte. Ich sah, dass
dieser "Felsen" eine mit Heißkalkmörtel gebundene Bruchsteinmauer
war. Ich dachte mir zuerst nichts weiter dabei, bis der Nachbar in 60 m
Entfernung im Norden beim Graben seines Kanalanschlusses gleichfalls auf diese
Mauer traf. Bei der Verfolgung des möglichen Verlaufes dieser Mauer erkannte
ich, dass sich darüber errichtetes modernes Mauerwerk typisch verhält: Es
treten überall dort, wo die im Boden gefundene Mauer unter dem modernen Mauerwerk
durchgeht, auffällige Sprünge auf. Sie zeigten sich knapp über dem Boden als
feine Haarrisse, die sich bis zum Dach hinaufziehen und dort oben am
auffälligsten sind.
Mit dieser Hilfe konnte ich unter dem ganzen Markt den Verlauf der Mauer
erkennen. Sie ergab ein Geviert von 160 x 200 m und reichte vom Kindergarten
zur Annakapelle, von dort unter die Werkstätte Tischlerei Patzalt, von da zur
Werkstätte Installateur Greinstetter und bis zum Kindergarten zurück.
Durch Grabungen und gezielte Beobachtungen bei notwendigen
Bodenaufschlüssen konnte in der Folge der genaue Verlauf der Kastellmauer
nachgewiesen werden. Die pflichtgemäß herbeigeholten Fachleute des
Bundesdenkmalamtes und des archäologischen Institutes der Universität Wien
bestätigten, dass es sich um ein bisher unbekanntes Römisches Kastell für 1.000
Soldaten handelt.(1*)
Nach dieser Feststellung war es klar, warum die Kirche in Sindelburg als
Nachfolgerin des antiken Heiligtums außerha1b der Kaserne (Friedenszeiten) oder
der Festung (Kriegszeiten) liegen musste! In keinem Kastell des römischen
Weltreiches befand sich ein Tempel (Verehrungsstätte einer Gottheit) innerhalb
einer Festung, denn das laute Treiben, das Rufen und Schreien beim Exerzieren
und gar die Flüche hätten die notwendige Ruhe für Besinnung, Gebet und Opfer
gestört!
Das optische Manko des Fehlens einer Kirche als Ortsmitte glichen
seinerzeit die Bürger mit der Errichtung des schmucken Trockenturmes in der
Mitte des Marktplatzes aus!
DIE RÖMISCHE FESTUNG
Die Festungsmauern dieses Kastells waren imponierend. In antiker Zeit
wurden in den Boden mächtige Grundfesten von 2,1 m Dicke und 1 m Tiefe
ausgehoben und mit sehr fest vermauerten (Urgesteins) Bruchsteinen ausgefüllt.
Darauf wurde aufgehendes Bruchsteinmauerwerk aufgesetzt, 6-8 m hoch und auf der
Mauerkrone noch 1,5 m breit, damit die Wachen in Rüstung aneinander
vorbeipatroullieren konnten. Die Vermauerung der Bruchsteine, es handelt sich
um einen grün und rot gesprenkelten "Granit", der in Wallsee nicht
vorkommt, (2*) erfolgte mit Heißkalkmörtel. Der Kalk wurde offensichtlich aus
eingesammeltem Donauschotter gebrannt. Darauf weisen zahlreich gefundene, mit
Glas überzogene, quarzhältige Geröllsteine hin.
Der Verlauf der Kastellmauer ist im Ortsgebiet auf dem Boden mit grüner
Farbe gekennzeichnet. Ein Stück der Festungsmauer ist in der Art eines Fensters
in die Vergangenheit nach ihrer Freilegung (1989) auf dem Gelände des
Kindergartens zu besichtigen. Wallsee ist der einzige Ort in West-Niederösterreich,
wo man Grundfesten einer römischen Befestigungsanlage sehen kann.
FESTUNGSGRABEN und Wall (VALLUM)
Außerhalb der Festung bildete ein an der Krone 12,5 m breiter und ca.
2,6 m tiefer Spitzgraben einen zusätzlichen Schutz. Diese Erkenntnisse wurden
1989 anlässlich der Notgrabung im Kindergartenbereich gewonnen (3*)
Heute geben die beiden "Hintergassen", die alte Postgasse
westlich des Marktplatzes und die alte Schulgasse östlich, den Verlauf des
Grabens an. Das Haus Marktplatz 4 (Mikesch) am Nordende des Marktplatzes steht
noch heute, tiefer als alle anderen Häuser, in diesem Festungsgraben.
RÖMISCHE TRUPPEN IM LAGER
Während der 500 Jahre der Benützung des Lagers durch röm. Soldaten
(MILITES) sind sicher verschiedenste Truppeneinheiten hier stationiert gewesen.
In der antiken Literatur wird in der NOTITIA DIGNITATUM, einem
römischen Militärschematismus, ADJUVENSE (4*) als Standort einer LIBURNARIEREINHEIT
(5*) (Marine- Infanterie) genannt. Sonst sind wir wie auch in anderen Kastellen
auf Truppenstempelbefunde und Grab- oder Weihealtarinschriften angewiesen. Da
Wallsee ein AUXILIARKASTELL (Hilfstruppenlager) war, waren hier vermutlich nur
britannische und orientalische Einheiten stationiert. Der häufige Stempel CIAB,
Cohors prima Aelia Britonum milliaria, weist auf eine 1.000 Mann starke
britannische Einheit hin. Neu für Wallsee ist der Fund eines Stempels der Coh V
B, (cohors quinque Breucorum) der fünften Cohorte der Breucer. Er wurde bei der
Grabung 1989 gefunden.
Ob man von der Nennung des Dienstgrades und der Truppe eines DECURIO der
ALA (1.) Prima Thracum (erste thrakische Reitereinheit) der auf einem 1989
gefundenen Weihealtar genannt wird, auf eine hier anwesende Truppe schließen
kann, ist fraglich, aber nicht auszuschließen.
Die vielen gefundenen Truppenstempel der zweiten italischen Legion (Leg
II. Italica) sagen nur aus, dass diese Einheiten (aus Lauriacum, Lorch) Ziegel hierher
geliefert haben oder Soldaten zu Bauzwecken hier kurzzeitig abgestellt waren.
DAS LAGERAREAL (Lagerinnere)
Jede röm. Festung (Legionslager oder Auxiliarkastell) hatte eine im
ganzen röm. Reich gleiche, etwa rechteckige Form mit einer bestimmten
Einteilung. Sie entstand aus der Anordnung der Truppe, wenn sie nach dem
Tagesmarsch ihr Nachtlager aufschlug. Das Lagerareal teilen zwei Achsenstraßen
(VIA PRINCIPALIS und VIA DECUMANA) in Viertel. Die eine dieser Achsenstraßen
wird in Wallsee heute durch die in nordsüdlicher Richtung durch den Marktplatz
verlaufende Landesstraße gebildet. Die dazu im rechten Winkel führende andere
Achsenstraße ist nicht mehr so genau sichtbar. Sie führt gegen Westen und ist
als schmaler, ca. 1,2 m breiter "Durchgang" zwischen dem Kaufhaus
Glaninger (Marktplatz 20) und der Fleischhauerei Sengstbratl (Marktplatz 21)
erhalten. Nach überschreiten des "Grabens" in der alten Postgasse
führt sie dann ebenfalls als schmaler Weg stei1 über den Hang gegen Westen. (In
röm. Zeit eine der Ausfallsstraßen aus der Festung).
Im Jahre 1970 wurde beim Bau des dort errichteten Hauses Nr. 106
(Feuerstein) eine röm. Straßengabelung festgestellt (6*). Die Ausfallsstraße
bog hier gegen Süden zum donauaufwärts liegenden Burgus (Wachtturm) ab. Der
zweite nach Westen orientierte Ast der Straßengabel führte zu einem in
sumpfigem Gelände gelegenen Begräbnisplatz mit bisher festgestellten 23
Bestattungen einfacher Leute auf Parzelle 244/3 (Grundstück des Hauses Nr. 105,
OSR E. Tscholl)
Der östliche Teil dieser Achsenstraße ist nicht so leicht zu finden. Er
führt zwischen der Bäckerei Wiesinger, (Hauptplatz 10) und dem Gasthaus
Neulinger, (Hauptplatz 11) zuerst durch den Hof des Gasthauses, dann aber
ebenfalls als sehr schmaler Durchgang zwischen den Hausgärten hindurch und
mündet in die Schulgasse (ehemals östlicher Lagergraben). Die Fortsetzung gegen
Osten ist im Gelände nicht mehr sichtbar. Dazu muss man den Katasterplan zur
Hand nehmen.
Zwischen den beiden Häusern Nr. 52 (Förster Gruber) und Nr. 51 (Patzalt,
früher Bachinger) führte eine ganz schmale ehemalige Straßenparzelle bis zu
einem etwa quadratischen Grundstück am steil abfallenden Hang. wo sich eine
kleine flache Höhle im Sandsteinfelsen befindet. Auf diesen Teil werden wir
später im Kapitel Kult noch zurückkommen müssen.
In der Mitte des Kastells, am Schnittpunkt der beiden Achsenstraßen
befanden sich die PRINCIPIA, die Kommandogebäude als Sitz des Truppenkommandanten
und des Lagerkommandanten, als Standort der Waffenkammer mit Fahnenheiligtum
und obligater Kaiserstatue (7*) der Offizierswohnungen, des Truppenbades (8*)
usw.
In Wallsee konnte in der Mitte des Kastells, zum Teil unter dem Rathaus,
zum Teil östlich davon, diese PRINCIPIA beobachtet werden. Es hat sich seit der
Römerzeit in diesem Belange nicht viel geändert. Auch heute noch steht in der
Mitte des Marktes (Lagerareal) das Rathaus als Sitz der politischen und
verwaltungsmäßigen Macht.
Der Verlauf der bisher ergrabenen Mauern der Prinzipia ist östlich des
Rathauses in grüner Farbe auf dem Boden markiert.
Auf dem übrigen Raum des Lagerareals befanden sich die meist aus Holz
oder Lehm erbauten Soldatenunterkünfte und der Appelplatz.
Viel von dem aufrechten römischen Mauerwerk wurde in nachrömischer Zeit
als Baumaterial, zuerst für die Sindelburg (9*), dann für die "Feste
Niederwallsee", den Kern des jetzigen inneren Schlosses (mit 5 m dicken
Grundmauern), verwendet. In den alten Häusern von Wallsee kommen bei Umbauten
und Abbruch immer wieder solche Zeugnisse zutage.
Im Laufe von etwa 1800 Jahren hat sich über den erhaltenen Resten im
Bereich des Marktes Wallsee eine Schicht von 120 cm ABRAUM angesammelt, sodass
der Eindruck entsteht, als seien die römischen Anlagen "versunken".
Außerhalb des Ortes liegen die röm. Schichten nur 60-80 cm unter dem
gegenwärtigen Geländeniveau.
BAUPERIODEN
Wie bei allen Limeskastellen gibt es auch in Wallsee verschiedene
Bauperioden. Reste eines ersten Holz-Erdekastells aus dem letzten Drittel des
1. Jahrhunderts wurden 1978 beim Bau der Raiffeisenkasse festgestellt. Einer
zweiten Bauperiode gehörte das vorher beschriebene Steinkastell mit seinen
mächtigen Mauern aus dem Ende des 2. und Beginn des 3. Jahrhunderts an.
(Markierung durch die grünen Striche). In der Spätantike, in Valentinianischer
Zeit, wurden an die restaurierten Lagermauern Hufeisentürme und an den Ecken
Fächertürme angebaut, um gegen die neuen Angriffsweisen gerüstet zu sein.
Nördlich der Tischlerwerkstätte Patzalt (Marktplatz 25) wurde im Bereich des
Nordwesteckes ein Teil eines solchen Fächerturmes geortet (10*).
In nachvalentinianischer Zeit (4.-5. Jhdt.), als der Truppenbelag in
den Limeskastellen drastisch vermindert wurde, erbaute die Truppe im
Lagerbereich ein KLEINKASTELL, und der übrige Raum des Lagers wurde für die
Zivilbevölkerung als Siedlungsplatz freigegeben. Dieses RESTKASTELL hat sich
nach den Beobachtungen und der Grabung 1987-1989 in einem Ausmaß von 28x26 m im
Bereich der alten Volksschule (jetzt Kindergarten) befunden. Um freies Schussfeld
zu haben, wurde im Umkreis von 40-60 m jedes Bauwerk entfernt. Außerdem befand
sich innerhalb dieses Restkastells ein ausgezeichneter Brunnen (Brunnen der
alten Schule).
Das Nordwesteck dieses Restkastells wurde 1989 freigelegt, es ist in der
Art eines "Fensters in die Vergangenheit" auf dem Gelände des
Kindergartens zu besichtigen, wie schon bemerkt wurde.
WARUM GERADE IN WALLSEE EIN KASTELL?
Seit der Entdeckung des Kastells (1966) wurde von Fachleuten öfter die
Frage ventiliert, warum gerade hier eine röm. Festung errichtet worden ist,
zumal ein weiteres Kastell, knapp 10 km südöstlich in Mauer an der Url (LOCUS
FELICIS) schon lange bekannt war. Die Ausgrabungen in den letzten 10 Jahren in
MITTERKIRCHEN (im Machland Nord) in Oberösterreich, gegenüber von Wallsee,
haben ein großes hallstattzeitliches Gräberfeld zutage gefördert. Es ist
anzunehmen, dass sehr lange Zeit ein mächtiger germanischer Stamm dort sein
Wohngebiet hatte (11*). Mit dem Kastell ADJUVENSE musste Rom Stärke
demontieren. Überdies hat es sicher als östliches Flankenkastell für das Lager
in ALBING und später für LAURIACHUM (Enns- Lorch) fungiert.
WEITERE RÖMISCHE BEFESTIGUNGSEINRICHTUNGEN
Die ausgezeichnete Lage des Kastells auf einer gegen die Donau
vorgeschobenen Landzunge mit Steilabfall gegen Osten und Westen zum Schwemmland
der Donau sowie dem Schutz des Sandsteinfelsens im Norden (wo jetzt das Schloss
steht) machten eine Verteidigung leicht. Nur gegen Süden mussten künstliche
Annäherungshindernisse geschaffen werden. Es waren dies zwei. Einmal ein Tiefer
GRABEN, der sogenannte TIEFENWEG, dort führt heute die Landstraße 6097 nach
Ardagger, die bei der Hauptschule nach Osten abzweigt. Noch im Jahre 1966 war
der "Tiefenweg" so tief, dass man als Autofahrer beim Herankommen an
das Altersheim im Süden nur die Spitze des Kirchturmes von Sindelburg und im
Norden einen Hang mit Birnbäumen sehen konnte. Erst kurz vor der Einmündung in
die Straße nach Wallsee überwand man plötzlich eine Geländestufe auf das
heutige Niveau der Straße.
Damit unsere Schulkinder, die im Bereich der neuen Volks- und
Hauptschule (seit 1986) durch diese ungünstigen Gelände- und Sichtverhältnisse
durch Autos nicht gefährdet würden, regte ich an, mit dem damals überreichlich
vorhandenen Donauschotter (Kraftwerksbau), den Tiefenweg zuschütten zu lassen.
Dies geschah dann auch. Unbewusst habe ich damit ein antikes Festungswerk
zerstören geholfen. Der östliche Teil des Tiefenweges ist jedoch noch erhalten
und der Hausname "Tiefenwegner" erinnert noch daran.
Das zweite Annäherungshindernis, diesmal ist es ein WALL, befindet sich
unter dem MITTERWEG, etwa in der Mitte zwischen dem Markt und dem Tiefenweg. Er
zweigt kurz vor der neuen Feuerwehr-Zentrale nach Osten ab. Er wurde anlässlich
der Erschließung des Geländes als Bauland abgetragen und als Zufahrtsstraße zu
den Häusern asphaltiert.
Fußnoten:
1. Publikation im
"Römischen Österreich" Heft 5/6, 1977/78 im Selbstverlag der österr.
Gesellschaft für Archäologie Wien
2. Wallseer Sandstein,
der hier ansteht, wurde nirgends in den Festungsmauern verwendet.
3. Der Grabungsbericht
erscheint 1990 im Jahrbuch des O.Ö. Museumsvereines Bd. 135 (Linz)
4. Der Name ADJUVENSE
dürfte so viel wie "das auf dem Berg(-joch) gelegene" bedeuten. Dies
versucht eine unveröffentlichte Arbeit Erzherzog Theodor Salvator Habsburg-
Loth. (Wallsee ein Römerkastell 1976) im Zusammenwirken mit Abt Egger- Rom in
LATINITAS:AM.MCMLXXVII AN.XXV LIB.IV ADIVVENSE nachzuweisen.
5. "Praefcctus
legionis primae Norivcorum militium liburnariorum cohortis quintae partis
superioris, ADIVVENSE."
6. Siehe Publikation im
RÖ. Heft 5/6, 1976177. In einer Karte, die einer der Besitzer des Schlosses vor
200 Jahren, Feldmarschall D a u n ‚ anfertigen ließ, ist sie noch vorhanden und
führt zu zwei in der Ebene westlich des "GSINKERTS" liegenden
Bauerhöfen. Jetzt befindet sich dort der "Altarm" der Donau (nach dem
Kraftwerksbau).
7. Bei der Grabung 1978 anlässlich
des Raikazubaues wurden 2 handtellergroße Stücke des Brustpanzers der
Kaiserstatue gefunden. Ein Stück wurde bei der 0. Ö. Landesausstellung
"Severin" in Enns gezeigt. Die Funde dieser Grabung befinden sich in
einem Depot des BDA in Tulln.
8. Das Hypocaustum
(Bodenheizung) des Truppenbades befand sich unter dem Ostteil des Gasthauses
Neulinger. Siehe RÖ 5/6, 1976/77, Seite 168.
9. Eine
wissenschaftliche Publikation "Vom nachvalentinianischen Restkastell zur
Sunilburg" ist in Vorbereitung.
10. Siehe Publikation im
Röm. Österr. Heft 5/7, 1976/77, S. 145
11. Vergleiche:
PERTLWIESER, Hallstattzeitliche Hügelgräber im Machland (Mitterkirchen) Katalog
der Ausstellung im O.Ö. Landesmuseum Linz 1983
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