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Der Töpfer oder Hafner - Arbeit und Leben der ländlichen Handwerker des Mostviertels in früheren Zeiten

Nr. 188 - 1. Dezember 1987 - 16. Jahrgang

Arbeit und Leben der ländlichen Handwerker des Mostviertels in früheren Zeiten
(von Anton Distelberger, Mostviertler Bauernmuseum)

10. Der Töpfer oder Hafner 

Hafner (der Name hat denselben Wortstamm wie "Häferl") gab es in späteren Jahrhunderten nicht in allzu großer Zahl; sie konnten ein viel größeres Gebiet betreuen als etwa ein Fassbinder und waren insofern wesentlich weiter verstreut. Im Großraum Amstetten sind zuletzt drei Hafner nachzuweisen, und zwar der Fuchsberger in Wolfsbach, der Glaser in Zeillern und der Karnholz in Neustadtl - Zwischenthann.
Haag war bereits im 16. Jahrhundert eines der bedeutendsten Hafnerzentren in ganz Niederösterreich und hatte vor allem für den angrenzenden oberösterreichischen Raum große Bedeutung. (Als hervorragende Meister werden in Haag beispielsweise Lazarus Loindl im Jahr 1580 und Leonhart Huebner 1582 erwähnt) Als ihnen 1629 allerdings der Geschirrverkauf in Oberösterreich verboten wurde, begann der Abstieg der Haager Hafner. (Der Wolfsbacher Hafner betreute später dieses Gebiet.)

Der Beginn der industriellen Erzeugung von gusseisernem Blech- und Emailgeschirr im 19. Jahrhundert löste naturgemäß den Niedergang des Hafnerhandwerks aus. Am längsten arbeitete noch der Glaser in Zeillern, der noch nach dem zweiten Weltkrieg Töpfe und Schüsseln herstellte.

Er erzählte mir, dass er noch ein letztes gutes Geschäft hatte, als auch niemand mehr sein Küchengeschirr kaufte, er konnte nämlich noch tausende Blumentöpfe an die Anstaltsgärtnerei Mauer-Öhling liefern. Doch plötzlich bot eine Fabrik die Töpfe wesentlich billiger an, und es war für ihn aus.

Der Neustadtler Hafner hatte sein Handwerk schon viel früher an den Nagel gehängt. Nur der Name Fuchsberger ist in diesem Wirtschaftsbereich auch heute noch ein Begriff. Dieser Betrieb stellte sich um auf Fließen legen, Ofensetzen und den Handel von Geschirr.

Die Hafner stellten das "irdene" oder "käterne" Geschirr her, wie man sagte. Das "Irdene" kommt von "Erde", das "Käterne" von "Kot", abgeleitet vorn Rohstoff, mit dem ein Hafner arbeitete. Es gab in der Umgehung nur wenige geeignete Tonerdevorkommen. Die Hafner im Raum Amstetten bezogen sie aus Neustadtl Ebenberg; die Haager hatten das beste Tonlager in der Erberspoint in der Haid.

Es war viel harte und mühsame Arbeit notwen­dig, bis die Tonerde verarbeitet werden konnte. Sie musste zuerst natürlich nach Hause gebracht werden. Dort wurde sie zum Trocknen aufgebreitet, später zerstoßen, mit einer großen Hand steinwalze zermahlen und mit Sieben fein gesiebt. Dann wurde sie wieder mit Wasser eingeweicht, eine Zeit stehengelassen und anschließend gut durchgeknetet und gestoßen, bis sie weich und homogen genug zur Verarbeitung war.

Der Hafner legte einen Batzen Ton auf seine Töpferscheibe und formte dort daraus das Geschirr. Je mehr Handfertigkeit und künstlerische Begabung er hatte, desto schöner wurden die Stücke. Jeder Hafner hatte seinen eigenen Stil. Ich habe In meinem Museum Geschirr von allen drei Hafnern im Raum Amstetten; man kann sofort erkennen, welches Stick vom Fuchsberger oder vorn Glaser gefertigt wurde; das vom Karnholz sieht wieder anders aus. Anschließend wurde das geformte Geschirr getrocknet und im Ofen gebrannt. Auch Ihren Ofen hatten die Hafner selbst gebaut. Er wurde nur mit Holz beheizt. Darum ist das Irdene Geschirr auch nur etwa so hart gebrannt wie Ziegel und relativ zerbrechlich. (Es wurden Temperaturen von 500 bis max. 800 Grad Celsius erreicht. Wäre dasselbe Material mit den heutigen Methoden bei 1000 Grad gebrannt worden, wäre gute Keramik entstanden.) Weil es schöner aussah und um sie wasserdicht zu
machen, wurden viele Stücke anschließend glasiert und ein zweites Mal gebrannt. Es ist nur ein einziger Töpfer in Österreich bekannt, der sein Geschirr mit Farbstempeln verzierte, das war der Glaser in Zeillern. Er hatte sich eine große Zahl hölzerner Stempel geschnitzt, mit denen er Farbe auf seine Töpfe, Schüsseln,
Krüge usw. auftrug. (Im Mostviertler Bauernmuseum sind einige sehr schöne Stücke sowie Stempel zu sehen).

Seit dem ausgehenden Mittelalter wurden in den Bauernstuben Kachelöfen aufgestellt; für die Hafner eröffnete sich ein neues Betätigungsfeld. Mit einfachsten Mitteln stellten sie auch hier Wohlgefälliges her. Ich habe etwa einen aus Holz geschnitzten Ofenkachelstempel, den der Hafner in den Lehm hineindrückte, sodaß ein Kachel wie der andere wurde. Sie machten sich auch schöne Formen, in denen sie die oft reichhaltigen Gesimsverzierungen für die Öfen herstellten.

Die Hafner stellten sehr viele verschiedene Dinge her und waren einfallsreich bei der Gestaltung. Im Mostviertler Bauernmuseum sind beispielsweise Hunderte Stücke zu bewundern, z.B. ein Mostkrug mit Bartbremse (damit ein vielleicht nicht ganz sauberer Schnurrbart nicht in den Most hineinhängen konnte), datiert 1866, ein "Jägerkrügel", wo das Begräbnis eines Jägers durch die Wildtiere dargestellt ist, verschiedenste Formen zum Kuchen backen, wie etwa die eines Wickelkindes, eines Osterlammes, eines Herzens mit IHS, eines Fisches oder eines Schweindls. Auch die Kessel zum Schnapsbrennen wurden früher von den Hafnern hergestellt und nicht von den Kupferschmieden.
Das irdene Geschirr war ursprünglich ungleich billiger als Metall, auch wenn es sehr leicht zerbrach und immer wieder nachgekauft werden musste.

Trotzdem waren die Hafner am Land keine wohlhabenden Leute. Sie mussten sehr viel arbeiten, und es war auch nicht so wie bei anderen Handwerkern, dass die Leute die Produkte abholten; ein Hafner musste sein Geschirr auf den Kirtagen und Märkten anbieten, auch ging er mit seiner Buckelkraxn zu den Häusern hinaus, um dort zu verkaufen.

Lange Zeit wurde kaum getöpfert, da das Handwerk von der Industrie und vorn Metall verdrängt worden war. Doch heutzutage werden beispielsweise an den Volkshochschulen Töpferkurse abgehalten. Man besinnt sich wieder der alten Technik und der Schönheit des Materials.


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