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Notzeiten in Neuhofen an der Ybbs

NOTZEITEN IN NEUHOFEN AN DER YBBS

Türkeneinfälle

Erstmals im Jahre 1532 durchstreiften türkische Reiter die Gegend um Neuhofen an der Ybbs. Überall, wo sie auftauchten, Schrecken, Angst und Furcht verbreitend. Genaue­re Tatsachenberichte aus diesem Jahr sind nicht mehr vorhanden. Jedoch wird in den Amtsrechnungen der Herrschaft Ulmerfeld vom Jahre 1536 in Oberleiten, Wies, Lan­genheim und Bichl bei den Getreideabgaben ein Nachlass gewährt, weil diese von den Türken niedergebrannt wurden.

Am 18. Juli 1683 kam „das Mordbrenner Gesindel, die türkischen Hund und Rebellen" wieder nach Neuhofen. Der damalige Schulmeister von Neuhofen, „der edle und kunst­reiche" Ferdinand Michael Pfeiffer, der selbst am Tage vorher mit seiner Familie nach Waidhofen an der Ybbs flüchtete, schrieb die damaligen Ereignisse in allen Einzelheiten nieder, welche noch überliefert sind: Zuerst stürmten die Türken die Kirche: Da jedoch die Türen fest verschlossen waren, kletterten sie bei den Fenstern hinein. Das Frauen­bild wurde beraubt und ausgezogen (Neuhofen war damals ein viel besuchter Marien-Wallfahrtsort. Das Gnadenbild war wohl eine Statue, die man wie das Mariazeller Gnadenbild überkleidet hatte), die Orgel beschädigt, zwei Fahnen gestohlen, an die 15 bis 20 Truhen mit dem Hab und Gut der Marktbürger, das man zum Schutz vor den „Mordbrennern" in der Kirche sicher verwahrt glaubte, wurden aufgehackt und daraus alles gestohlen. Der Schaden betrug bei 800 Gulden. Die Sakristeitür konnten sie nicht aufbrechen. In den Pfarrhof sind sie hineingeritten, haben die Türen eingebaut und Tru­hen und Kästen aufgebrochen. In mehreren Markthäusern haben sie großen Schaden angerichtet. Im Haferfeld des Herrn Pfarrers haben sie die Pferde gefüttert und alles zertreten. Schonungslos haben sie jeden, den sie erwischen konnten, ermordet oder in die Gefangenschaft abgeführt.

Den Bader Thomas Licht schleiften sie aufs Feld mit, ausgezogen und „blößen gebaut", in etlichen Stunden ist er gestorben. Der Totengräber Mathäus Haberreither ist „er­tappt zu Tode geschleift und beim heiligen Brunnen in der Haidenlachmühle begraben worden".
Martin Steinbacher, Wagner aus Untertal, haben sie im Markt erstochen. Den Knecht des Valentin Schrambl in Unterhömbach haben sie im Garten ermordet, wo er auch sei­ne letzte Ruhestätte fand; ebenso wurde von hier dem Andreas Raab seine Frau und Paul Grill entführt. In Oberhömbach haben sie den Bauer Niclas Paumgartner samt seiner 20jährigen Tochter Maria mitgenommen und bei Unterharreith niedergemet­zelt; begraben wurden sie bei St. Leonhard. Aus Dippersdorf wurde Maria Kinast ent­führt und Christoph Maierhofer, ein 80jähriger Greis, wurde „vom Feind derart be­schädigt, daß er daran hat sterben müssen". Sein Ruhebett fand er in Ulmerfeld. In Niederneuhofen haben sie eine Bäuerin, Maria Gugler, samt drei Kindern und aus Wa­ding die Frau des Inwohners Andre Scherzenlehner in Gefangenschaft abgeführt, Mi­chael Gugler aus Abschleifung wurde zu Fachwinkl mit Pfeilen erschossen, ebenso Ka­tharina, die „Ehewürthin" des Matthias Grädt, mit Pfeilen zu Tode geschossen und nächst bei Fachwinkel begraben. Außer diesen wurden in Gefangenschaft mitgeführt dem Georg Pöchhacker, Knecht an der Staudenmühle, seine Frau samt den Kindern, die Müllerin selber, die Frau des Paul Praunshofer, Leopold Pöchhacker zu Ungförten, die Gemahlin des Hans Datzberger am Trautmannsberg, die Frau des Sebastian Heind, des Georg Wagner zu Oberlixing, Sophie Huber, Leinenwebersgattin in Schlickenreith, und ihr Kind Sabine, wurde vor den Augen der Mutter umgebracht. Hans Paumgart­ner, Bauer in Fachwinkl, wurde bei der Hasled ermordet und dort begraben, Margaret- he Latzelsberger, Wittib in der Hub, nicht weit vom Leopoldshals zu Tode gebaut; dem Rupert und Matthias Mock aus Miesberg wurden ihre Ehefrauen, ebenso die Frau des Matthias Laibl entführt. Lorenz Datzberger am Rägellehen wurde „zu Tode geschla­gen" und Stefan Scherzenlehner, Bauer in der großen Zauch, nicht weit von seinem Hause erschlagen und bei St. Leonhard begraben. Fort sind die „Mordbrennerrebel­len" teils auf St. Leonhard, teils auf Graswinkl, teils auf Sonnleiten, Ferndorf nach Randegg. Überall bezeichnete ihr Weg Blut, Feuer und barbarische Grausamkeit.
(Aus dem Volksbundkalender 1928: Die Türken in Neuhofen im Jahre 1683.)

Bauernaufstände im Jahre 1597

Durch übermäßige finanzielle Belastung der Bauernschaft seitens der Grundherrschaf­ten (Hand- und Zugrobote, „Türkensteuer" und andere Steuerlasten, durch die „Blut­steuer", das heißt durch das Aufgebot des 30., 10. oder gar 5. Mannes) für den Krieg, wurden die Bauern immer unruhiger.
Der Bischof von Freising als Grundherr bemühte sich, eine arge Bedrückung seiner Un­tertanen hintanzuhalten. Dennoch ist der Schulmeister von Neuhofen, Georg Stein­hauer, als Anführer der Bauernschaft in Erscheinung getreten und brachte es sogar zum Bauernobersten.

Pest

Diese schreckliche Seuche wütete auch in der Pfarre Neuhofen in den Jahren 1615, 1679 und 1713 und forderte viele Tote, deren genaue Zahlen nicht bekannt sind. Sogenannte Pestmarterl erinnern an diese Zeit.

Franzosenkriege

In den Jahren 1803, 1805 und 1809 während der Napoleonischen Kriege wurden auch im Markt Neuhofen und Umgebung französische Soldaten einquartiert. Der dadurch entstandene Schaden für die Pfarruntertanen betrug 2029 Gulden. Der damalige Pfar­rer Ferdinand Mittermüller musste so hohe Kontributionsleistungen erbringen, dass er als Folge davon verarmte, obwohl er damals noch die bedeutende Grundherrschaft in­nehatte.
Eines Tages erschienen sechs französische Dragoner im Markt Neuhofen und erpressten unter Androhung des Häuserabbrennens und der Verschleppung des Pfarrers und des Marktrichters 600 Gulden. Darauf beorderte der französische Kommandant von Amstetten 2 Mann Sicherheitswache zum Schutz des Ortes vor Plünderungen auf 14 Tage nach Neuhofen. Lieferungen aller Art mussten nach Melk, Amstetten und St. Pölten geleistet werden. Einzelne Personen wurden von französischen Besatzungssolda­ten überfallen und ermordet. Die sogenannten Franzosenmarterl erinnern heute noch an diese Zeit (Klaffenberg, Neuhofner Straße).

Quelle: Neuhofen In Regione Ostarrichi (1980), S. 59-60








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