Nr. 140 - 1. Dezember 1983 - 12. Jahrgang
UNSERE AGRARWIRTSCHAFT IM WANDEL DER
LETZTEN FÜNFZIG JAHRE
(verfasst von
Museumsleiter Amtsrat Johann Hintermayr, Haag)
3. Teil
Erntemaschinen
Noch Mitte der zwanziger Jahre wurde das
Getreide überall mit der Sense abgeerntet. In der Folgezeit kamen die
Mähmaschinen, zuerst als Grasmähmaschinen, auf den Markt. Diese Mähgeräte
entwickelten sich rasch von der selbsttätigen Ablegevorrichtung über den Mäher
mit Garbenbindevorrichtung, auch Binder genannt, hin zum Mäh-Dresch-Binder. Das
Abernten aller Getreidearten mit dem Mähdrescher setzte erst richtig nach 1960 ein.
Ab dieser Zeit verschwanden die Getreidemandln auf dem Felde, und die über
siebzig Jahre im Betrieb befindlichen Dreschmaschinen, die von den Dampfkesseln
angetrieben wurden, verloren allmählich ihre einstige Bedeutung. Der
Maschinendrusch gehörte früher zu den arbeitsintensivsten Höhepunkten im
Arbeitsablauf eines Bauernjahres. Er war auf eine traditionelle
Nachbarschaftshilfe aufgebaut, denn man brauchte beim maschinellen Dreschen 12
bis 20 vollwertige Personen. Die für fachliche Bedienung der Dreschanlage
erforderlichen Arbeiter, wie Heizer und Maschinisten, kamen aus dem
Kleinlandwirtestand, waren für die ganze Druschsaison von ca. drei Monaten fix
engagiert und wanderten so von Hof zu Hof, bis alle zur Druschgemeinschaft
gehörigen Betriebe ihre Ernte ausgedroschen hatten.
Die rasche Fortentwicklung der
Erntemaschinen, die viele frühere Arbeitsvorgänge vereinfachte, brachte
folglich auch finanzielle Probleme mit sich. Die Maschinenringe, die einen
rationellen Einsatz ermöglichen, setzten sich bei uns noch nicht voll durch.
Zwischen Ende 1937 bis Anfang 1939
versuchten schon einige Bauern anstelle der Pferde, Traktoren zum Zuge zu
verwenden. Anfangs war man gegen diese Umstellung und meinte, ganz ohne Ross -
man müsste zumindest eines behalten - lassen sich nicht alle Zugarbeiten
bewältigen. Erst ab 1950 trennte man sich dann rasch von den Zugpferden.
Vater-Sohn-Betrieb
Die Abwanderung aus dem bäuerlichen
Bereich erfasste in den letzten zehn Jahren auch die Kinder der Bauersleute.
Vermehrt machen sie von der Möglichkeit Gebrauch, sich für einen anderen Beruf
ausbilden zu lassen; sehr viele davon interessieren sich für einen längeren
schulischen Bildungsgang. Es wird zur Regel, dass vom bäuerlichen Nachwuchs
sich nur mehr ein Kind für die landwirtschaftliche Berufsausbildung
entscheidet. Der in den fünfziger Jahren von einem Referenten anlässlich einer
Bauernversammlung prophezeite Vater-Sohn-Betrieb trat wider Erwarten sehr rasch
ein.
Veränderungen in Ackerbau
Mehr als heute wechselten früher auf den
Äckern in regelmäßiger Folge Roggen, Weizen, Hafer, Gerste, Klee, Rüben und
Kartoffeln. Während früher die Felder überwiegend mit Stallmist und die Wiesen
mit Jauche gedüngt wurden, verwendet der Landwirt von heute hauptsächlich
Kunstdünger und erzielt dadurch höhere Ergebnisse. Nach dem Ersten Weltkrieg
lag noch das Schwergewicht bei folgenden Getreide- und Futtermittelarten:
Der Roggen wurde überwiegend auf das
vorher abgeerntete Kartoffelfeld gebaut. Die Getreidesorten wurden vor rund
fünfzig Jahren noch händisch gesät. Der Säer bediente sich hierzu des
"Saasumpers". Schon vor dem Zweiten Weltkrieg wurde das Saatgut bei
vielen Bauern maschinell gesät. Mangels geringeren Hektarertrages bei Roggen
und durch die Anfälligkeit des "Auswinterns" nahm allmählich dessen
Anbaufläche zugunsten des Winterweizens bedeutend ab.
Hier nun einige Beispiele aus dem
Gemeindebereich der Stadt Haag:
Im Jahre 1959 gab es eine Roggenfläche von
342 Hektar bzw. 15,05 Prozent des damaligen Ackerlandes. Zwanzig Jahre später war
die Roggenfläche auf 11 Hektar geschrumpft. Mitte der sechziger Jahre erreichte
der Weizenbau mit rund 60 Hektar (24 % des Ackerlandes) seinen Höhepunkt. Man
erzielte mit dem Weizen gute Ernteerträge, und er galt als stabile
Einnahmesicherung. Für eine wirksame Steigerung der Milch- und
Fleischproduktion wurde schon seit der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts der Anbau
von geeigneten Kleesorten gefördert. Inzwischen löste der seit ca. zehn Jahren
zur Hauptfrucht gewordene Mais den Futterklee, die Kartoffeln und andere
Ackerfrüchte ab; auch die Wiesenflächen reduzierten sich zugunsten des
Maisanbaues. Der Ernteertrag beim Mais übersteigt jene der herkömmlichen
Getreide- und Futtermittelsorten und ermöglicht nun die vermehrte Tierhaltung.
Viehhaltung
Man hält das Rind zum Zweck der Milch
Zweck der Milch- und Fleischgewinnung. Früher diente es auch als Zugtier, wobei
die verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten selten voneinander getrennt waren.
Im Bezirk Amstetten ist die Anzahl der
gehaltenen Rinder in den letzten 47 Jahren (1934 - 1981) um 89 Prozent
gestiegen. Bei der Schweinehaltung ist der Steigerungsanteil mit 80,77 Prozent
ziemlich ähnlich, dagegen sind Pferde und Ochsen als Zugtiere bereits
ausgestorben. Die Hühner haben im Betrachtungszeitraum einen Zuwachs von 94
Prozent (!) zu verzeichnen. Aus diesen Zahlen kann man am deutlichsten die
grundlegende Veränderung, die sich in der landwirtschaftlichen Produktionsweise
vollzogen hat, ablesen.
Es gibt Betriebe, die anstelle der Kühe
nur Jungstiere oder nur Schweine mästen. Manche auf Hühnermast spezialisierte
Höfe liefern jährlich je über 100.000 Stück Junghenderl auf den Markt.
Viele, in dieser Abhandlung aufgezeigte
Veränderungen erfassten gleichartig das gesamte Bundesgebiet.
Die eingetretene Abwanderung von Erwerbstätigen
setzte sich auch in den letzten zwei Jahrzehnten weiter fort.
So gab es 1951 in Österreich noch
1,080.000 Erwerbstätige in der Landwirtschaft, während 1979 diese Zahl auf
626.055 (Grüner Bericht 1980) war. Trotzdem ist die Produktivität in der
Landwirtschaft stärker gestiegen, zum Beispiel in der Industrie.
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