Nr. 120 - 1. April 1982 - 11. Jahrgang
GEMEINDE EURATSFELD
Lage, Geschichte, Bedeutung
verfasst von VD OSR Karl Glack
a) Lage
Die Marktgemeinde Euratsfeld erstreckt
sich von der Ybbsebene bis zum Randegger Hochkogel. Im Nordwesten bildet der
Zauchfluss die Grenze zur Gemeinde Amstetten, die Ybbs ist Grenzfluss im Norden
zwischen St. Georgen und Euratsfeld. Im Osten liegt die Gemeinde Ferschnitz. Im
Süden und Südosten ist die Gemeindegrenze zugleich Bezirksgrenze, da die hier
angrenzenden Gemeinden Wang und Randegg bereits zum Verwaltungsbezirk Scheibbs
gehören.
Der Eiszeit verdankt das Gemeindegebiet
eine fruchtbare Löß- und Lehmdecke, die von weiten Talungen abwechslungsreich
gegliedert wird. Im Süden reicht die hügelige Sandsteinzone der Voralpen ins
Gemeindegebiet herein - dieses umfasst ein Areal von 30,5 km2. Auf dieser
Fläche stehen 400 Häuser, in denen 1.844 Menschen ständig leben.
Der Markt selbst liegt auf einem Hügel in
305 m Seehöhe. Er ist umgeben von einer anmutigen Landschaft mit vielen kleinen
Bauerndörfern und stattlichen Vierkantern. Vom Hinterwald, dem höher gelegenen
südlichen Teil der Gemeinde mit Wiesen, Weiden und Wäldern, bieten sich dem
Wanderer viele herrliche Ausblicke ins Voralpen- und Alpenvorland.
b) Geschichte
Euratsfeld liegt an einer uralten Straße,
die quer über das Voralpen- und Alpenvorland zieht, etwa vom heutigen
Leobersdorf über das Triesting- und Gölsental, Steinakirchen am Forst,
Euratsfeld, Ulmerfeld und gegen Aschbach. Die Römer bauten diese Verkehrslinie
zu einer Etappenstraße des Limes aus. Nach dem Ende der Völkerwanderung
siedelten an ihr Slawen. Noch sind bei uns die Namen lebendig, die sie einst
den Örtlichkeiten gegeben haben: Friesenegg (von ihrem Wort für
"Birke"), Gafring (von "Buche"), Lixing (von
"Lauch" oder "Sumpf"); auch der Name Zauchbach stammt von
ihnen: "Trockener Bach". In Windischendorf war ein wahrscheinlich
adeliger Sitz der Slawen, der "Wenden".
Nicht viel später entstand der Ort
Euratsfeld. Für sein hohes Alter spricht der Namensteil -feld und der Besitzer,
nachdem das "Feld" benannt wurde: Eurat = althochdeutsch Iràt - ein
Name, der nur im frühesten Mittelalter gebräuchlich war.
Euratsfeld war ein adeliger Sitz. 1197
gibt es einen Hugo von Iratsvelde; später gehörte die kleine Burg dem reichen
Adelsgeschlecht der Zelkinger, die auch Freydegg besaßen. Sie bestand
vielleicht bis rund 1500. Von ihr ist nicht mehr vorhanden außer dem Namen
ihres Vorwerkes Hamet. Hamet (von altfranzösischem handede, aus der
Kreuzzugszeit) bedeutet Schranken, Einfriedung eines Burgbereichs.
Die kulturelle Entwicklung des weiteren
Gemeindegebietes war namentlich ein Werk des bairischen Bistums Freising.
Dieses hatte 995 und 996 vom deutschen König Besitz in Ulmerfeld und Neuhofen
an der Ybbs erworben und weitete ihn in der Folge beträchtlich aus. Es gab das
Land Adeligen zu Lehen. Die konnten umso mehr Nutzen daraus ziehen, je besser
sie es kulturell entwickelten. Solche Adelssitze waren Rudling- und Völkrahof,
Seibets- und Distelberg.
Nach Eintragung in der Kirchenchronik soll
in Euratsfeld bereits im 10. Jh. eine Kirche bestanden haben, dem hl. Johannes
dem Täufer geweiht und gestiftet von zwei "Fürsten zu Machland".
Zunächst war sie eine Filialkirche Neuhofens an der Ybbs, 1332 ist sie bereits
eine selbständige Pfarre.
Im Jahre 1583 wurde Euratsfeld von den
Türken arg verwüstet. Die Chronik berichtet, dass am 18. Juli d.J. eine
mordende Türkenhorde zahlreiche Häuser plünderte und anzündete, viele Bewohner
samt dem damaligen Pfarrer verschleppte und dass "43 Leith auss der Pfarr
Euratsfeld wissentlich Nidtergemacht und Umb das Leben gebracht wurden".
Die Namen der Ermordeten sind samt ihrem Berufsstand angeführt. Die
Einwohnerzahl schwand um ein Drittel. Aus jener Zeit sollen auch unterirdische
Gänge mit Aushöhlungen unter 2 Bauernhäusern stammen, die als Verstecke und
Fluchtwege gedient haben. Gar manches Wegkreuz oder Marterl erinnert noch an
die Nöte dieser Zeit.
Im Jahre 1805 fand im Gemeindegebiet ein
Gefecht mit den Franzosen statt, die auch die Kirche verwüsteten und
entheiligten. Aus Anlass des 60 jährigen Regierungsjubiläums des Kaisers Franz
Josef wurde der Ort im Jahre 1908 zum Markt erhoben. Der bekannte Heimatdichter
Johann Datzberger, vulgo Hinterwaldler, verfasste zur Markterhebungsfeier ein
langes Festgedicht.
Im Jahre 1958 wurde der Gemeinde anlässlich
des 50 jährigen Marktjubiläums ein Wappen verliehen. Dieses stellt den Gründer
des Bistums Freising, den hl. Korbinian, dar. Der Bär zu seinen Füßen erinnert
an die Legende, wonach dieser das Maultier des Heiligen zerrissen hat und als
Strafe dazu verurteilt wurde, das Kleiderbündel des hl. Korbinian zu tragen.
c) Wirtschaft, Bevölkerung
Es gibt in der Gemeinde kaum mehr 100
"echte" Landwirte, die anderen haben einen Nebenerwerb. Vieh- und
Milchwirtschaft ist vorherrschend, da ca. 60 % der nutzbaren Fläche aus Wiesen
und Weiden bestehen. Mehr als die Hälfte der erwerbstätigen Bevölkerung, das
sind Arbeiter, Angestellte, Bauernkinder und Kleinbauern, ist größtenteils in
den Amstettner Großbetrieben tätig. Ein kleiner Teil findet Arbeit in den
örtlichen Kleinbetrieben.
d) Kulturelles Leben
Das musikalische Leben wird vor allem von
der Ortsmusikkapelle, dem Kirchenchor und von der Musikschule (über 100
Schüler) gepflegt. Musikbegeisterten Männern, dem Pfarrherrn und der
Hauptschuldirektor, ist es zu danken, dass in den letzten Jahren beachtliche
musikalische Aufführungen zustande kamen, dazu gehören Konzerte, Messen,
Adventsingen mit Hirtenspiel, die teilweise auch im Radio übertragen wurden.
Das Kath. Bildungswerk Euratsfeld lädt jährlich zu einigen Vorträgen ein. Für
Bücherfreunde gibt es weiters eine modern eingerichtete Volksbücherei.
Den Sportausübenden stehen 2 Turnsäle, 2
Fußballplätze, 2 Tennisplätze und ein Eisschießplatz zur Verfügung. Durch die
eifrige Tätigkeit des Fremdenverkehrsvereines konnte Euratsfeld beim jährlichen
Wettbewerb "Niederösterreich im Blumenschmuck" innerhalb der letzten
9 Jahre einmal den dritten, einmal den zweiten und zweimal den ersten Platz
erreichen.
e) Sehenswürdigkeiten
Pfarrkirche zum hl. Johannes dem Täufer, ,
dreischiffige gotische Hallenkirche mit fünf gotischen Glasfenstern aus dem 15.
Jahrhundert, Florianaltar mit Altarbild vom Kremser Schmidt;
Pfarrzentrum mit großem Saal und
Klubräumen und schönen Anlagen; Hauptschule, erbaut 1967 bis 1969, Atriumbau
mit 10 Klassen.
Ausflüge: Wanderung auf den Hochkogel (704
m), Höhenwanderungen; Schloss und Bad Senftenegg; Filialkirche Pyhrafeld.
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