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Mühlen-Chronik aus dem Raum Amstetten (mit Übersichtsliste aller Mühlen)

Nr. 141 - 1. Jänner 1984 - 13. Jahrgang

Es klappert die Mühle am rauschenden Bach - Eine kleine Mühlen-Chronik (von Gerhard Smekal)

An den Flüssen und Bächen unseres Heimatbezirkes standen einst viele Getreidemühlen und Brettersägen, deren Entstehung man bei einzelnen bis in das 13. Jahrhundert zurückverfolgen kann. Einige wenige davon sind bis heute erhalten geblieben. Diese wurden den neuzeitlichen Anforderungen angepasst.

Die hölzernen Mühlenräder und einfachen Brettersägen mussten leistungsfähigen Turbinen und Gattern weichen. An einigen ehemaligen Mühlenstandorten sind große Industrien entstanden (Neusiedler AG, ehemalige Stumpenfabrik in Amstetten, Hopferwieser, Umdasch).

Eigentlich ist die Entstehungsgeschichte der Mühlen uralt. In urgeschichtlicher Zeit bediente man sich zum Mahlen der Getreide- und getreideähnlichen Samen der Handmühle. Diese bestanden aus einer Steinplatte und einem gut in der Hand liegenden Mahlstein. Ein großer Fortschritt war der Stampfmörser. Um 600 v.Chr. waren den Etruskern schon einfache, mit der Hand zu betreibende Mühlen bekannt.

Seit dem Mittelalter bediente man sich der Kraft des Windes und des Wassers zum Betrieb von Mühlen. Diese Mühlen waren zumeist Herrschafts- oder Klosterbesitz und befanden sich bei uns an wasserreichen Bächen oder Flüssen. Die Mühlen wurden im älteren deutschen Recht besonders geschützt (Mühlenfriede). Die Befugnis zur Errichtung von Mühlen war ursprünglich ein Teil des Gemeingebrauchs von Gewässern. Später entwickelte sich ein Mühlenbann, auf Grund dessen das Recht zum Betrieb von Mühlen der Obrigkeit oder dem Grundherrn vorbehalten wurde, und ein Mühlenzwang, wodurch die umliegenden Dörfer zur Benutzung einer herrschaftlichen Mühle gezwungen wurden.

Die Einsamkeit der Getreidemühlen, ihr Standort - schon wegen ihres lärmenden Ganges - oft außerhalb des Dorfes und der Dorfgemeinschaft, war geeignet zu geheimen Treffen. Sie galt als Ort der Ausschweifung. Im 15. und 16. Jahrhundert gab es eine ausgesprochene Mühlenprostitution - Mühlen und Mahlen wurde seit der Antike mit erotischen Gedanken in Verbindung gebracht. In der Literatur findet man immer wieder die schöne ungetreue Müllerin.

Im Volkslied spielt die Mühle und der Müller eine besondere Rolle. Schon als Kinder in der Schule sangen wir: "Es klappert. die Mühle am rauschenden Bach, bei Tag und bei Nacht ist der Müller stets wach…". "In einem kühlen Grunde, da geht ein Mühlenrad .... ". "Da drunten im tiefen Tal, da treibt das Wasser ein Rad“.
Wer kennt nicht Schuberts Müllerlieder, wer nicht Wilhelm Buschs Verse und Zeichnungen aus Max und Moritz über das Ende des bösen Buben in der Mühle.

In der Welt der Sage spielt der Müller eine besondere Rolle. So finden wir im Mostviertler Sagenbuch: "Das verhexte Vieh in der Stiefelmühl". 'Der Frauenstein bei der Haidenlachmühl" und das "Kreuz bei der Haidenlachmühl".

Jede von der Bezirkshauptmannschaft gewerberechtlich genehmigte Mühle wird in das Wasserbuch eingetragen und erhält ein sogenanntes "Haimzeichen", damit wird die Wasserausnutzung (Stauanlage) gekennzeichnet. Wird die Mühle aufgelassen, muss der Besitzer innerhalb 3 Jahren kundtun, ob er das Wasserrecht aufrechterhalten will; wenn nicht, wird das Haimzeichen entfernt. Als Haimzeichen diente eine meistens 32 cm lange und 15 cm breite Eisenplatte mit den Anfangsbuchstaben des Besitzers und der Jahreszahl der Anbringung, diese wurde an einer bestimmten Stelle des Hauses eingelassen.

Im nachstehenden werden die im Gerichtsbezirk Amstetten vorhanden gewesenen Mühlen angeführt, in Klammer die Jahreszahl der ersten urkundlichen Nennung und die Auflassung der Mühle:

Amstetten: Schrotmühle ( 14i9-1827) ‚ Breitmühle ( 1908-1968) ‚ Winklermühle (1567-1950), Klostermühle (1285-1945), Edlmühle (1316-1962), Weiderhammer (1435-1916), Kelbermühle (1660-1749), Bergermühle (17501978), Ranspergmühle (1316-1962) Mauer: Gobetsmühle (1435-1926).
Hausmening: Hofmühle (1305-1867), Haidmühle (1305-1870), Stiefelmühle (1305-1862).
Stift Ardagger: Kochmühle (1429-1943), Schopfmühle (1462-1749), Schmiedmühle (162-1963), Salzmühle (1462-1943), Wiesmühle (1462-1910).
Kollmitzberg: Felleismühle (1488-1900), Niedermühle (1930 aufgelassen),Habermühle (1920 aufgelassen). Stephanshart: Aigenmühle (1445-1890), Obermühle (1462-1930), Mittermühle (1950 aufgelassen), Schrammelmühle (1900 aufgelassen), Niedermühle (1942 aufgelassen), Mühle am Zeidlbach (1568-1950).
Euratsfeld: (Feldmühle (1527- heute), Haslaumühle (1527 - heute), Bruckmühle (1435-1945), Holzhausmühle (1435 - heute), Pichlmühle (1550-1976) Winklmühle (1435-1660), Ungmachmühle (1470-1930), Grabenmühle (1660-1890), Höllmühle (1591-1930).
Ferschnitz: Hametmühle (1449-1750), Kratzmühle (1449-1980), Leitenmühle (1449-1939)
Neuhofen an der Ybbs.: Urbasmühle (1676-1947), Haidenlachmühle (1526 - heute), Staudenmühle (1435 - heute), Kothmühle (1316-1867), Talmühle (1527-1945), Steinmühle (1316-1947), Karlsmühle (1587-1816), Elzbachmühle ( 1435-1749) ‚ Zauchmühle (1316-1950).
Neustadtl an der Donau: Straßmühle (1442-1966), Taubmühle (1960 aufgelassen), Tannamühle (1449-1940) ‚ Berghof: Lindmühle ( 1362-1940) ‚ Hofmühle (1950 aufgelassen), Windpassung: Polzmühle (1919 aufgelassen), Käfermühle (1333-1940), Blumaumühle (1430-1975). Nabegg: Moosmühle (1650-1945), Mittermühle (1930 aufgelassen)
Öhling: Öhlermühle (1292-1912), Lederleitenmühle (1447-1968), Gratzmühle (1408-1874), Nagimühle (1491-1930)
Krahof: Führamühle (1466-1941), Haselmühle (1324-1960), Ölsitzmühle (1569-1955), Lexmühle (1591-1950)
Seisenegg: Klausmühle ( 1324-1980) ‚ Teichmühle (1449-1945).
Wallsee-Sindelburg - Igelschwang: Stanglmühle ( 1449-1959) ‚ Grubmühle (1449-1925). Ried: Hackermühle ( 1449-1930) ‚ Veitlmühle (1449-1958), Grabenmühle (1449-1925), Jeprixmühle(1449-1910), Sehweinberg: Waltermühle (1449-1954).
Winklarn: Mühlau (1316-1850); Zeillern: Hofmühle (1462-1925), Friedlmühle (1462-1925)‚ Brunnmühle (1462-1925) ‚ Mühle zu Schörghof (1456-1925).

Quellennachweis
Korneuburger Kulturnachrichten Jhg. 1978, Heft 3 u. 4
Steinkellner Franz: Archiv, Hof- und Herrschaftskarten
Weigl Heinrich: Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich 8 Bde.
Die Daten der Auflassung wurden auf Grund eigener Erhebungen des Verfassers eingetragen


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