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Der Heidengarten von Ulmerfeld

Nr. 265 - 1. Februar 1993 - 21. Jahrgang

Der Heidengarten von Ulmerfeld
(Gerhard Smekal)


Ulmerfeld zur Zeit der Befestigung (1702)

Am Ostende des Marktplatzes von Ulmerfeld, innerhalb der ehemaligen Marktbefestigung befindet sich ein Wie­sengrundstück, im Volksmund genannt "HEIDENGAR­TEN". Dieses Grundstück hatte ursprünglich ein Aus­maß von 1 Joch 90 Quadratklafter. Seit dem Jahre 1920 ist daraus ein Turnplatz geworden und hat heute noch diese Funktion inne. Seit dem Jahre 1650 ist die Flurbe­nennung "Heidengarten" nachweisbar.

Im Büchlein "Sagen aus dem Mostviertel" Band 1, Seite 80/81 ist unter dem Titel "Der Heidengarten von Ulmerfeld", folgendes zu lesen: "Am Ende des Marktes Ulmer­feld, einige Schritte von der Post, liegt der sogenannte Heidengarten. Damit ist eine Wiese gemeint, unter deren Rasenfläche viele Heiden begraben sein sollen. Die Heidenwiese ist noch teilweise von den alten Festungs­mauern umrandet. Die Leute erzählen, dass dort sieben Tonnen Gold versenkt seien, welche aber der Teufel bewachen soll. Er wurde in der Gestalt eines Fuchtel­männchens öfters auf der Heidenwiese beobachtet. Man hat schon oft nach dem Gold gegraben, aber kei­nes gefunden. (Heimen, Herbst.)"

Soweit das Sagen­büchlein, Ausgabe 1951. Bei meinen Nachforschungen im Schloßarchiv Greinburg in Grein a.d.D. wo sehr viel Archivmaterial der ehem. Herrschaft Ulmerfeld aufbe­wahrt wird, befindet sich unter anderem auch ein Akt: "Schatzsu­che im Heidengarten Ulmerfeld". Zwei Männer, Franz Weichinger, Schneidermeister, Allersdorf 17, und German Roithner, Golling bei Salzburg, richteten erstmals am 14.03.1902 an die Coburgische Forstverwaltung in Greinburg, Grein an der Donau, das schriftliche Ersuchen, im Hei­dengarten nach Gold graben zu dürfen. Der gehobene Schatz solle dann auf sechs Teile aufgeteilt werden: vier Teile auf die Coburgische Forstverwaltung in Greinburg, 1 Teil auf Franz Weichinger und 1 Teil auf German Roithner. Das Gold soll sich in 2 Kisten befinden: 1 Kiste mit 9.000 und die 2. Kiste mit 6.000 Goldstücken.

Als Beweisstück wird dem Schreiben eine Messingplatte beigelegt, auf dieser sind Buchstaben und Zahlen ein­geritzt. Gleiche Messingplatten sollen sich auch auf den vergrabenen Schatzkisten im Heidengarten befinden. Diese Beweisstücke will Franz Weichinger von einem Freund erhalten haben, der dieses Geheimnis seit dem Jahr 1848 hütete. Am Sterbebett im Jahr 1894 hat er dieses Geheimnis dem Weichinger anvertraut.

Da die Gesuchsteller auf ihre Eingabe keine Antwort erhielten, wendeten sie sich an die Centralkommission für Kunst und Historische Denkmale in Wien. Diese Zen­tralstelle richtete an die Herzoglich Coburgische Guts­verwaltung Ulmerfeld das Ersuchen, die beiden ge­nannten Herrn im Heidengarten graben zu lassen, unter der Aufsicht von Konservator Abt Adalbert Dungel von Göttweig. In der Zwischenzeit wurde dem Revierverwal­ter Hannbeck in Ulmerfeld auch von einem gewissen Herrn Schweigart aus Hausmening dieselbe Geschichte vom Schatz im Heidengarten erzählt, und auch in einer Wochenzeitung stand damals darüber zu lesen. Dieses berichtete Herr Hannbeck an die Centralkommission für Kunst und Historische Denkmale in Wien. Darauf hat diese Zentralstelle geantwortet, dass von Grabungen ab­zusehen sei, doch sollte einmal dort doch etwas gefun­den werden, wolle man davon Mitteilung machen.

Von 1904 bis 1980 war es im Heidengarten ruhig, das heißt es gab dort keine Erdbewegungen. Am 29.07.1980 wurden im Heidengarten Planierungs- und Drainagearbeiten durchgeführt, dabei entdeckte man in 80 cm Tiefe einen Steinkreis mit einer Stärke von 35 cm und einem Durch­messer von ca. 5 Meter, dabei eine größere Anzahl Ton­scherben. Da die Entwässerungskanäle christbaumför­mig angelegt wurden, wurde der Steinkreis zerstört. Ich erhielt leider davon erst Mitteilung, als die Erdarbeiten zur Gänze abgeschlossen waren und daher eine wissenschaftliche Auswertung dieser Fundstelle nicht mehr möglich war. Es ist also doch etwas vergraben im Hei­dengarten, wohl kein Goldschatz, aber ein Steinkreis, der vermutlich auf eine Stätte heidnischer Kultur hin­weist. In unmittelbarer Nähe, in der Ybbsniederung "Am Stein", wurden bei Bauarbeiten im Jahre 1966 Römergräber des 1. - 2. Jahrhunderts (Dr. Mossler) und 1979 Slawengräber der 2. Hälfte des 9. Jahrhunderts (Dr. Friesinger) freigelegt. Bei den Slawengräbern fand man Beigaben, wie Spieß und Dolch, auch Eierschalen von mitgegebenen Speisen, was ein heidnischer Brauch war. Es waren Freie, die hier bestattet waren, weil ihnen Waffen in das Grab mitgegeben wurden.

Alle diese Funde, meine ich, sind ein Hinweis darauf, dass Ulmerfeld lange schon vor der ersten urkundlichen Nennung im Jahre 995 besiedelt und ein Kulturzentrum war, auch die Erdbefestigung könnte schon vorhanden gewesen sein.

Im Westen des Marktplatzes, außerhalb der Befesti­gung, war ein Wiesengrundstück mit dem Namen "Rabengarten" bekannt. Rabengarten gibt einen Hinweis zu "Rabenvieh, Rabenfleisch, Rabenmutter u.ä.", es sind dies Beschimpfungen für böse Menschen. Vermutlich war hier ein Richtplatz, denn bei Hausarbeiten und Gra­bungen wurden zahlreiche Menschenknochen freige­legt. So zeigt das Beispiel Heidengarten wieder einmal, dass man den Sagen und Legenden, auch den Flurna­men mehr Aufmerksamkeit schenken soll, weil sie für die Heimatkunde Hinweise geben können.

Heute steht im Heidegarten ein Gedenkstein mit folgender Inschrift:
Hermann Wadl-Platz
Umgewidmet 1991 anlässlich
des 80. Geburtstages
von Obmann Hermann Wadl
für 35 jährige Verdienste
um den Sportverein Ulmerfeld.
Gewidmet von der Sektion Judo
anlässlich ihres 25 jährigen Bestandsjubiläums.


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