Nr. 45 - 1.Jänner 1976 - 5. Jahrgang
Kirchengründungen im mittleren Bezirk
Amstetten um 1100
Von P. Benedikt Wagner, Seitenstetten
Von Amstetten ausgehend, erreichen wir
heute in westlicher Richtung der Reihe nach die Kirchorte Öhling, Aschbach,
Krenstetten, Seitenstetten, St.Peter, St.Johann in Engstetten und Weistrach.
Davon ist Aschbach karolingischen Ursprungs und Weistrach der Sache nach schon
903 bezeugt, während St. Peter in der Au und Öhling für das 12. Jh. noch nicht
als Kirchorte nachweisbar sind. Alle diese Orte fallen daher nicht unter unser
gestelltes Thema.
Von den übrigen Kirchorten haben alle
einen Namen, der mit -stetten zusammengesetzt ist und um 1110 erstmals bezeugt
wird: Amstetten 1111 (1,1,45), Krenstetten 1116 (1,3,302), Seitenstetten 1109
(1, 6,106) und St.Johann in Engstetten um 1110 (1,3,189). Zur selben Zeit
werden aber auch noch andere Kirchorte dieser Gegend erstmals genannt:
Allhartsberg 1116 (1,1,30), Biberbach 1116(1,1,159) und Stephanshart 1111
(1,6,182). (Weigl hält zwar die marca St. Stephani des Jahres 903 für
Stephanshart, doch hat OSR. Steinkellner nachgewiesen, dass damit die
Stephanspfarre Weistrach gemeint ist.) Es ist kaum zu glauben, dass alle diese
sieben Kirchorte durch bloßen Zufall nicht schon früher genannt werden und dass
vier von ihnen rein zufällig mit -stetten zusammengesetzt sind. Viel eher ist
anzunehmen, dass wenigstens einige dieser Orte erst damals eine Kirche
erhielten, ja dass der eine oder andere von ihnen erst damals entstand und
seinen Namen bekam.
Zusammenhänge ergeben sich ja auch aus den
Umständen ihrer ersten Nennung:
Amstetten und Stephanshart scheinen in ein
und derselben Urkunde erstmals auf, in der Bischof Ulrich von Passau die
Besitzungen des Stiftes St. Florian bestätigt und dabei auch einen Zehent in
Amstetten und Stephanshart erwähnt (2,140). Der Zehent war eine Kirchenabgabe
und sollte vor allem dazu dienen, die Seelsorge materiell aufrechtzuerhalten.
Wenn also hier von Zehenten zu Amstetten und Stephanshart die Rede ist, dann lässt
das vermuten, dass diese Orte schon damals eine Seelsorgskirche besaßen.
Für Amstetten wird ja auch bereits 1188 ein Pfarrer genannt (OSR.
Steinkellner, ms.), und Stephanshart wird um 1140 ausdrücklich als Pfarre
bezeichnet (3,568, Steinkellner). Stephanshart hat aber seinen Namen sehr
wahrscheinlich von seinem Kirchenpatron und wurde also wohl mit seiner Kirche
gegründet. Geschah dies erst um 1100? Jedenfalls haben wir keinen Beleg für ein
höheres Alter. Allhartsberg, Biberbach und Krenstetten werden auch in ein- und
derselben Urkunde des Bischofs Ulrich von Passau erstmals genannt. Er schenkte
1116 die Mutterpfarre Aschbach mit ihren Filialkirchen Allhartsberg,
Biberbach und Krenstetten dem Stifte Seitenstetten (4,3). Hier ist also
ausdrücklich von Kirchen an diesen Orten die Rede. Außerdem hat Biberbach
wiederum den hl. Stephanus als Kirchenpatron. Dem hl. Stephanus war aber die
Passauer Domkirche geweiht. Wenn also Stephanshart, Biberbach und auch
Amstetten diesen Heiligen zum Patron haben, dann hat bei ihrer Kirchengründung
Passau zumindest maßgeblich mitgewirkt. War es Bischof Ulrich? Seitenstetten
wird in einer Passauer Schenkungsnotiz vom 24.April 1109 erstmals erwähnt
(4,1). Sie berichtet, Reginbert von Hagenau und Udalschalk von Stille hätten in
Seitenstetten ein Chorherrnstift gegründet und der Diözese Passau übergeben.
Chorherrnstifte pflegten auch die Seelsorge jener Pfarre zu übernehmen, in der
sie lagen. Seitenstetten aber ist 1142 als Filialkirche der Pfarre Wolfsbach
bezeugt (4,5). Die Kirche dieses kurzlebigen Chorherrnstiftes ist die heutige
Friedhofskirche St. Veit in Seitenstetten. Sie hat denselben Patron wie die
Mutterkirche Wolfsbach. Aus dieser ungewöhnlichen Tatsache, dass hier Mutter-
und Tochterkirche das gleiche Patrozinium haben, ziehe ich den Schluss, man
habe hier überhaupt geplant, die Seelsorgsstation der großen Pfarre Wolfsbach
in das zentralere Seitenstetten zu verlegen. So wird es auch verständlich, dass
Bischof Ulrich damals dem Chorherrnstift den Zehent der Pfarre Wolfsbach, der
doch vor allem der Wolfsbacher Seelsorge dienen sollte, schenkte. Also auch in
Seitenstetten war Bischof Ulrich maßgeblich beteiligt.
Mit ihm stehen also sechs von den sieben
Erstnennungen um 1110 im Zusammenhang. Er leitete die Diözese von 1092 bis 1121
und war kaum weniger reformfreudig als sein Vorgänger, der hl. Altmann. Wenn er
z.B. dem Stifte Seitenstetten 1116 Aschbach mit allen Filialkirchen schenkte,
dann konnte er dies als gewissenhafter Oberhirte jedenfalls nicht aus bloßer
Freundschaft und Geberlaune tun, sondern er tat es wohl in der Hoffnung, dass
hier das Stift Seitenstetten als nächstgelegene größere kirchliche Institution
im eigenen Interesse wie auch im Interesse der Diözese die Seelsorge in
Aschbach und seinen Filialen aufrechterhalten und womöglich noch ausbauen
werde. (Darum versprach er dem Stift euch alle noch zu erbauenden Filialkirchen
von Aschbach). Ich möchte also annehmen, dass Bischof Ulrich den Anlass gab, in
der Pfarre Aschbach Filialkirchen zu gründen, und nachdem nun die erste Etappe
dieses Ausbaues der Pfarre vollendet war, Aschbach samt seinen Filialen dem
Stifte schenkte, damit es sein Werk fortsetze.
Etwas anders liegen die Verhältnisse bei
St.Johann in Engstetten:
Es wird erstmals in einem Verzeichnis
jener Güter genannt, die Markgraf Ottokar von Steyr dem Stift Garsten übergab.
Darunter befanden sich auch "zu Engstetten zwölf Höfe, die eine gewisse
Frau namens Bertha zur Kirche des hl. Johannes des Täufers übergab und alles
zusammen hierher (nach Garsten) zum Altar der hl. Maria bestimmte" (2,
135). Vielleicht ist die ziemlich unklare Stelle so auszulegen, dass damals von
Garsten aus (dessen Pfarrkirche übrigens ebenfalls dem hl. Johannes dem Täufer
geweiht war) in Engstetten eine Taufkirche zu Ehren des hl. Johannes gegründet
wurde und dass diese Frau durch die Hand des Markgrafen dem Kloster zum Bau und
zur Erhaltung dieser Kirche zwölf Höfe überließ. St. Johann wird ja 1142 auch
noch nicht unter den Filialkirchen Wolfsbachs genannt und scheint daher erst
später Wolfsbach unterstellt worden zu sein. Markgraf Ottokar hat also wohl die
Passauer Reformbischöfe nicht bloß als Klostergründer von Garsten zum Vorbild
genommen, sondern auch durch Mithilfe an der Errichtung einer Seelsorgskirche
in Engstetten.
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