Nr. 299 - 1.
September 1995 - 21. Jahrgang
DIE
"KAISERIN ELISABETH - WARTE" AM PLATTENBERG IN DER GEMEINDE WEISTRACH
(verfasst
von Dir. Josef Mayr)
Südwestlich
des Ortskernes von Weistrach liegt als höchste Erhebung des Gemeindegebietes
der Plattenberg mit 749 Metern Seehöhe. Auf Grund der herrlichen Rundsicht ist
diese Stelle ein Anziehungspunkt vieler Naturfreunde. Schon unsere Vorfahren wussten
diesen Flecken unseres Mostviertels zu schätzen.
In der Weistracher Schulchronik wird
berichtet, dass am 21. August 1880 ein Ausflug der Volksschulkinder auf den
Plattenberg durchgeführt wurde, woran neben den Lehrkräften auch der
Bürgermeister, der Bezirksschulinspektor, sämtliche Ortsschulräte und sogar die
örtliche Musikkapelle teilgenommen
haben. Der
Heimatforscher und Kooperator von Kürnberg, Heinrich Stammgassner, schreibt in
seiner im Jahre 1874 im Druck erschienenen Publikation auf Seite 54, dass auf
dem Plattenberg eine 12 Klafter hohe "Pyramide" vorhanden ist, die
ganz vertrauenserweckend aussieht, aber in Schwankungen "pulsiert".
Wenn man seine Aufzeichnungen richtig deutet, so dürfte dieser Aussichtsturm
zum damaligen Zeitpunkt schon etwas wackelig gewesen sein.
Bezüglich
der guten Aussicht etc. gewährt uns ein Bericht in der Mitgliederzeitung des
Österreichischen Touristenclubs Wien des Jahres 1899 (Nr. 10, Seite 113/114)
einen Einblick in die damalige Situation. So lesen wir: ..."Diese Vorzüge
hatten schon vor mehr als einem Menschenleben bewirkt, dass der Plattenberg mit
einer allerdings primitiven Warte versehen worden war, und zwar waren es
Officiere und Cadetten, welche den Punkt zu Mappirungszwecken besuchten und da
selbst über dem Steine, der den Triangulirungspunkt anzeigte, im Anschlusse an
das Triangulirungszeichen eine mit Leitern und Brettern primitiv hergestellte
Warte aufrichteten, wobei sie von der bäuerlichen Bevölkerung der Umgebung
wacker unterstützt worden waren. In den letzten zwei Jahrzehnten war diese
erste Plattenbergwarte, da eben kein Organ vorhanden war, welches die
allenthalben noch vorhandenen Sympathien für die Warte benützend, eine
entsprechende Agitation und Organisation zur Erhaltung und Erweiterung der
Warte eingeleitet hätte, nach und nach gänzlich verschwunden."....
Im Jahr 1897
wurde vom k.k. Landesgerichtsrat Hans Blank aus St. Peter die Sektion "St.
Peter-Seitenstetten" des Österreichischen Touristenclubs gegründet. Bald
nach der Gründung dieser Sektion ging von den angrenzenden Grundbesitzern
selbst die Anregung zu einer Neuerrichtung eines Aussichtsturmes aus. Die Besitzer
der Grundstücke auf der Spitze des Berges, Franz und Franziska Schmiedinger vom
Plattnergut in Grub Nr. 41, boten sogar den für einen Wartebau notwendigen
Grund an. Diese Erwägungen waren einzig und allein ausschlaggebend, dass die
Sektion "St. Peter-Seitenstetten" des Österreichischen Touristenclubs
in der Sitzung vom 5. Februar 1898 beschloss, auf dem Plattenberg im
Gemeindegebiet von Weistrach eine steinerne Aussichtswarte zu erbauen.
In einer
weiteren Sitzung am 21. September 1898 wurde weiters bestimmt, diese Warte
"zum Andenken an Ihre Majestät die verewigte Kaiserin Elisabeth
>KAISERIN ELISABETH - WARTE< zu benennen und mit der Büste Ihrer Majestät
zu schmücken", da Kaiserin Elisabeth am 10. September 1898 einem
Mordanschlag am Genfer See in der Schweiz zum Opfer gefallen war.
Dieser Beschluss
der Sektion wurde mit Erlass vom k.k. Ministerium des Inneren vom 25. Jänner
1899 bewilligt. (25. Jänner 1899 - Zahl 638)
Die Kosten
für den Rohbau betrugen laut Kostenvoranschlägen fast 3.000,- fl. Zur Aufbringung
der notwendigen Geldmittel wurden „Kaiserin Elisabeth-Warte-Antheilscheine“
aufgelegt, welche Loscharakter hatten und jährlich zur Verlosung gelangten,
wovon pro Jahr 4 Losnummern gezogen wurden und zur Auszahlung gelangten. Laut
Aufzeichnungen im Wartenbuch des Österreichischen Touristenclubs Wien betrugen
die Baukosten 7.000,- Kronen.
Als
Baumeister fungierte Ferdinand Pfaffenbichler aus St. Peter in der Au. Unter
Mithilfe der Sektionsmitglieder und der Plattenberger Bauernschaft ging der Bau
schnell voran. Der Sandstein als Baumaterial stammte aus dem unmittelbar neben
der Baustelle gelegenen Steinbruch von Theresia Plattner, vulgo
"Raingrub", Grub Nr. 37.
Noch in den
letzten Wochen vor dem Eröffnungstermin errichtete der Spender des Wartegrundes,
Franz Schmiedinger, vulgo Plattnergut, ein im Schweizerstil gestaltetes
Schutzhaus mit "theilweiser Subvention der Section „St. Peter-Seitenstetten".
Herr Franz Schmiedinger nahm diese Schutzhütte hierauf in Pacht und übte eine
Hüttenwirtschaft aus. Die k.k. Bezirkshauptmannschaft Amstetten erteilte mit
Erlass vom 2. Jänner 1901, Zahl 21037, die Konzession für das Schank- und
Gastgewerbe.
Nach einer
über einjährigen Bauzeit der 19 Meter hohen steinernen Warte mit einer
Wendeltreppe von 82 Stufen und einem Aussichtsplateau wurde dieser
Monumentalbau am 23. September 1900 in feierlichster Weise eröffnet. Aus diesem
Anlass lieferte der akademische Bildhauer Paul Kohl aus Wien die bei ihm in
Auftrag gegebene Büste der verewigten Kaiserin. (Aus der Hand dieses Künstlers
stammen auch drei Gedenktafeln, die am 17. August 1900 im Wiener Rathaus zur
Erinnerung an das 50-jährige Regierungsjubiläum (1898) seiner Majestät des
Kaisers enthüllt wurden.)
Mehr als
2000 Festteilnehmer sollen dieser Eröffnungsfeierlichkeit beigewohnt haben.
Zwei
Schulkinder von Kürnberg, Johann Grünmann und Agnes Ramskogler, begrüßten die
Festgäste mit einem Gedicht. Die eigentliche Festrede hielt Herr Pater Dr.
Gottfried Friess vom Benediktinerstift Seitenstetten, indem er über Prähistorie
sprach. Dieses Thema dürfte er deshalb gewählt haben, weil im neben der Warte
gelegenen Steinbruch schon zu früherer Zeit zahlreiche vorgeschichtliche
Steinwerkzeuge und Waffen gefunden worden waren.
Die
Einweihung nahm der Haager Dechant, Monsignore Johann Höllrigl, assistiert vom
Kürnberger Pfarrer Carl Grassmann (+ 30.11.1907), vor. Für die musikalische
Umrahmung waren der Gesangsverein und die Musikkapelle von St. Peter/Au
zuständig.
Hatte man
den Termin für die Eröffnung am Tag des Geburtstages von Kaiserin Elisabeth
angesetzt, so veranstaltete man nur einige Wochen später genau am 19. November
1900, aus Anlass des Namensfestes der ehemaligen Kaiserin eine Nachfeier. Das
Vortragsprogramm umfasste 17 Nummern und wurde von den Kürnberger Schulkindern
und deren Lehrkräften gestaltet und soll an die 2 Stunden gedauert haben.
Bereits im
Jahr 1901 wurden die Vorarbeiten für die Herausgabe einer Panoramakarte in
Angriff genommen. Mit der Zeichnung dieser Karte wurde Ignaz Hartmann aus Markt
Haag beauftragt, der seit 1885 als Lehrer an der dortigen Volksschule tätig
war. Diese Panoramakarte wurde im Jahr 1904 beim k.k. Militärgeographischen
Institut in Druck gegeben. In der Folge wurden Werbemaßnahmen gesetzt. So wurde
eine Photographie der Warte herausgegeben. Weiters wurde von der Lehrerin Emma
Dornhofer ein zehnfärbiges, künstlerisch ausgefertigtes Plakat entworfen und
bei der Kunstdruckerei "Steyrermühl" in Auftrag gegeben. Darüber
hinaus wurde von der Sektion das Markieren der Wanderwege sehr eifrig
betrieben.
Die Warte am
Plattenberg war, den Zeitungsberichten nach zu schließen, der Mittelpunkt des
vereinsmäßigen Schaffens in der Sektion "St. Peter-Seitenstetten" des
Österreichischen Touristenclubs. So wurde in würdiger Weise am 23. Juni 1907
der Bestand der Sektion bei der "Kaiserin Elisabeth-Warte" gefeiert.
Viele
Persönlichkeiten haben sich Verdienste um den Bau der Warte erworben. Einer war
sicher der Reichsrats- und Landtagsabgeordnete sowie Bürgermeister von
Weistrach, Johann Oberdorfer, vulgo "Pöllendorf". So lesen wir in den
Erinnerungsblättern aus Anlaß des 25-jährigen Abgeordnetenjubiläums (1878-1903)
von Oberdorfer folgende Widmung:
"Seinem
lieben Mitarbeiter bei Erbauung der Kaiserin Elisabeth-Warte"
30.V1.1903
gezeichnet Hans Blank
k.k.LG-Rat
Fast 30
Jahre später, genau am 25. Februar 1927, wurde bei der Hauptversammlung der
Zentrale in Wien die Übergabe der "Elisabeth-Warte" an die Sektion "Österreichischer
Gebirgsverein" des Österreichischen Alpenvereins genehmigt. Die diesem
Rechtsgeschäft zugrundeliegende Urkunde ist leider in den Wirren des 2.
Weltkrieges verloren gegangen.
Mit
Schenkungsvertrag vom 5. Oktober 1976 wurde die Warte vom vorgenannten Verein
an den "Österreichischen Alpenverein, Sektion St. Peter in der Au"
übergeben.
1979
erfolgte die Renovierung der baufälligen Aussichtswarte.
Bis zu
welchem Jahr die Schutzhütte bestanden hat, ist leider nicht bekannt. Die
"Schutzhüttenfunktion" hat jedoch das in unmittelbarer Nähe gelegene
Gasthaus der Grundstücksbesitzer Karl und Stefanie Oberaigner übernommen.
Auf der
Warte präsentieren sich die Nieder- und Oberösterreichischen sowie die
Steirischen Alpen in besonders reizvollen Gruppen. Fast könnte man in diesem Zusammenhang
vermuten, der Verfasser des Textes zum "Niederösterreichischen
Hoamatlied", Josef Wagner, habe seine Worte auf der
Kaiserin-Elisabeth-Warte geschrieben.
Für
interessierte Wanderer, die besonders die Welt der Berge schätzen und diese aus
der Anonymität herausreißen wollen, sei auf die Panoramakarte im Vorraum des
Gasthauses Oberaigner hingewiesen. Zu erwähnen ist, dass man mit dem Auto bis
zum Parkplatz fahren kann. Nach rund 10 Minuten Fußweg steht dem einzigartigen
Ausblick in die Bergwelt nichts mehr im Wege.
Möge unsere
Mostviertler Aussichtswarte wieder vermehrt in unser Bewusstsein eingebettet
werden! So wie unsere Ahnen durch ihren "Weitblick" diesen
monumentalen Bau vor nahezu 100 Jahren errichtet und uns Nachfahren diesen
360-Grad Panoramablick ermöglicht haben.
Quellen und
Literaturverzeichnis:
(Kaiserin-Elisabeth-Warte
am Plattenberg, Gemeinde A-3351 Weistrach)
o)
Stammgassner Heinrich "KÜRNBERG mit besonderer Berücksichtigung des
Platten- und Damberges"
Selbstverlag
des Verfassers 1874
Druck Josef
Kinzl in Krems
o) Schwetter
A./Kern S. "Heimatkunde der Bezirkshauptmannschaft
Amstetten",
Verlag Queiser, Amstetten 1879
o) Chronik
der Volksschule Weistrach, Eintragung des Jahres 1880
o)
Österreichischer Touristenklub Wien "Warten Grundbuch des Jahres
1905"
o)
Bezirksgericht St.Peter/Au: .) Protokollbuch 601/1901 (Vertragsabschrift)
.)
Schenkungsvertrag 5.10.1977
.) Grundbuch
03208 EZ 39
o) Bote von
der Ybbs (Wochenblatt) 15. Jahrgang Nr. 6 vom 10.2.1900 o) Österreichische
Touristenzeitung:
.) 1899 -
XIX Nr. 10, Seite 113/114
.) 1900 - XX
Nr. 17, Seite 204
.) 1900 - XX
Nr. 18, Seite 215
.) 1900 - XX
Nr. 20, Seite 239/240
.) 1901 -
XXI Nr. 4, Seite 42
.) 1901 -
XXI Nr. 14, Seite 167
.) 1901 -
XXI Nr. 21, Seite 251
.) 1902 -
XXII Nr. 13, Seite 156
.) 1904 -
XXIV Nr. 3, Seite 54
.) 1904 -
XXIV Nr. 14, Seite 278
.) 1905 -
XXV Nr. 6, Seite 77
.) 1905 -
XXV Nr. 13, Seite 167
.) 1906 -
XXVI Nr. 10, Seite 119
.) 1907 -
XXVII Nr. 12, Seite 170
.) 1907 -
XXVII Nr. 14, Seite 201
.) 1908 -
XXVIII Nr. 4, Seite 49
.) 1909 -
XXIX Nr. 6, Seite 75/76
.) 1927 -
47. Jahrgang, Seite 45/46
o)
Mitteilungen der Sektion "Wienerwald" des Österreichischen
Touristenclubs:
.) 1899 Nr.
11, Seite 77
.) 1900 Nr.
10, Seite 60/61/64 .) 1907 Nr. 7, Seite 54
o) Höllrigl,
Mons. Johann: "Geschichte der Pfarre und Gemeinde Haag"
Verlag
Edmund Huber, Haag 1900
o)
Erinnerungsblätter an das 25-jährige Abgeordneten-Jubiläum von Johann
Oberndorfer (1878-1903), Weistrach am 30.6.1903
o)
St.Pöltner-Zeitung, Nr. 13, 50. Jahrgang vom 24.3.1910, siehe Beilage
"Stadt- und Land-Bote", Seite 12
Danke für die weitere Veröffentlichung meiner geschichtlichen Arbeit!
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