Heimatkundliche Beilage zum Amtsblatt der Bezirkshauptmannschaft Amstetten
Nr. 68 – 1. Dezember 1977 – 6. Jahrgang
Gemeinde Wolfsbach
(verfasst von Oberstudienrat Dr. Rosine Schadauer)
Im September 1532 dagegen nahm eine Abteilung türkischer
Soldaten bei ihrem Vorstoß nach dem Westen ihren Weg über Aschbach und
Wolfsbach, wo sie die Pfarrhöfe niederbrannten. Demnach war der Pfarrhof von
Wolfsbach in drei Jahren zweimal zerstört worden. Es lässt sich leicht
abschätzen, welche Bedrängnisse durch Raub, Mord, Brand und Verschleppung von
Menschen über die Heimat und damit auch über den Heimatort gekommen sind. Eine
dritte und letzte Bedrohung durch den türkischen Erbfeind brachte das Jahr
1683. Wolfsbach blieb aber diesmal von Mord und Verwüstung verschont, während
die Türken südlich von Amstetten barbarisch hausten.
An die Türkengefahr erinnern noch immer Bildstöcke und
Gedenkkreuze. Durch Jahrhundert erklang vom Turm um elf Uhr ein Gedenkläuten,
und noch lange sangen die Wolfsbacher bei der Prozession an den Bittagen:
„Höhre gnödig uns’re Bitten, wende ab von uns’ren Hütten Krankheit, Krieg und
Türkennot, gib uns unser täglich‘ Brot“!
Nachdem der Pfarrhof von Wolfsbach 1640 ein drittes Mal
abgebrannt und wieder errichtet worden war, begann die von da ab
ununterbrochene Führung von Matriken. Gleich im ersten Jahr wurden vierzehn
Taufen, drei Trauungen und 38 Sterbefälle eingetragen.
Der österreichische Erbfolgekrieg (1741-1748)
... brachte nach
langen Jahren einer ruhigen Entwicklung (1683-1741) neue Bedrängnisse. Bayern und Franzosen machten Maria Theresia
ihr Erbe streitig; daraus entsprang der Erbfolgekrieg. Im Herbst 1740 wurde
Wolfsbach vom Feind besetzt. Er verlangte ohne Rücksicht auf die Größe und den
Bedarf der Höfe ungeheure Lieferungen an Naturalien: von jedem Hof 2 Metze Korn
und Hafer, je 10 Bünde Heu und Stroh; je 10 Häuser mussten einen Ochsen
abliefern. Dazu mussten noch Soldaten in Kosten und Quartier genommen werden.
Auch zu den Kontributionen der Klöster und Gutshöfe musste die Bevölkerung
ihren Teil beisteuern. Die Bayern erhoben übrigens diese harten Forderungen nur
unter dem Druck der Franzosen, und zwischen ihnen und der Bevölkerung stellte
sich sogar ein gegenseitiges Vertrauen ein. Mitte Oktober marschierten die
Feinde in österlicher Richtung ab. Als aber bald darauf ein Teil der Feinde,
vorwiegend Franzosen, zur Besetzung Oberösterreichs den Rückmarsch antrat,
ergaben sich häufigere und grausamere Übergriffe als beim Hinmarsch. Die
Forderungen der Feinde waren so maßlos, dass die Ausgebeuteten selbst den
größten Mangel litten. Plünderung, Brandschatzung und Bedrohung der Menschen
waren an der Tagesordnung. Der mühsame erarbeitete Wohlstand war auf Jahre
hinaus vernichtet.
Der Rückmarsch der Franzosen in den ersten Novembertagen
artete fast in eine wilde Flucht aus, denn die Soldaten Maria Theresias folgten
ihnen auf dem Fuße. Das Armeekorps Khevenhüller zählte 1600 Mann; es wurde
verstärkt durch die wilden Panduren. In der Advents- und Weihnachtszeit 1741
sammelte es sich im Raum von Wolfsbach und Aschbach zum Gegenangriff, der nach
dem Übergang über die Enns einen für Österreich günstigen Verlauf nahm.
Die Franzosenkriege
Nach kaum 40 Jahren Frieden trat Österreich wieder in eine
kriegerische Phase ein, die mit Unterbrechungen 22 Jahre dauert. Diese Kriege
standen im Zeichen Napoleons, und Österreich hatte in ihrem Ablauf die
Hauptlast zu tragen. Für Wolfsbach sind die Jahre 1800/1801 und 1805
gekennzeichnet durch feindliche Invasion. Am Heiligen Abend 1800 räumten nach
mehreren Niederlagen die österreichischen Truppen den Westen des Bezirkes, und
noch am selben Tag folgte der Feind. Am Christtag kam ein Waffenstillstand
zustande, die Franzosen bezogen aber Quartier über den Winter. Über ihr
Verhalten liegen widersprüchliche Berichte vor. Auch in der damals
selbstständigen Gemeinde Bubendorf hat es Einquartierung gegeben. Zwischen dem
16. Und 20. März 1801 setzten sich die Franzosen zum Heimmarsch in Bewegung.
Im Frühling wie im Sommer 1809 erlebte Wolfsbach den
Durchmarsch siegestrunkener und gewalttätiger Soldaten. Dazwischen lagen der
Sieg der Österreicher bei Aspern und ihre Niederlage bei Wagram. Was unser
Heimatort in diesem Jahre durch Plünderung zu leiden hatte, fällt umso schwerer
ins Gewicht, als die Bevölkerung durch die vorausgegangene Invasion bereits
ausgebeutet und ausgeplündert war. Der Pfarrer von Wolfsbach, Florian Nasinger,
war von den Franzosen so misshandelt worden, dass er in Persenbeug, wohin er
sich zur Operation begeben hatte, an Brustkrebs starb.
Wenn man die dichte Aufeinanderfolge feindlicher Einfälle
vom Beginn des 16. Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts bedenkt, verzeichnet man
mit Genugtuung die Tatsache, dass von 1809 bis 1945 kein Feind die Heimat
verheerte.
1733 wurden die Länder in Bezug auf das Heerwesen in
Werbungsbezirke eingeteilt. Jedes Kronland der Monarchie hatte eine bestimmte
Anzahl von Soldaten zu stellen. Für die Regelung der Truppenaushebungen wurden
ab 1754 Volkszählungen durchgeführt. Unsere Heimat gehörte zum Werbebezirk des
Regiments Nr. 49. Eine allgemeine Wehrpflicht bestand noch nicht. Eine Anzahl von
Ständen und Berufen musste keinen Heeresdienst leisten. Maßgebend für die
Freistellung war, welchen Nutzen ein Stand für den Staat abwarf. Folglich blieb
der Dienst im Heer an den Söhnen der Bauern und Häusler, bestimmten Handwerkern
und an den Knechten hängen. In Friedenszeiten waren Verheiratete vom Wehrdienst
möglichst ausgenommen. Dies war in manchen Fällen ein Anstoß zu Frühehen. Der
Wehrdienst war zeitlich nicht befristet. Gefallene Soldaten blieben nicht
selten verschollen. Im Zusammenhang mit der Einrichtung von Werbebezirken kam es
auch zur ersten Nummerierung der Häuser und zu einem neuen Steuersystem.
Für die vorangegangene Zeit war der Zehent charakteristisch
gewesen. Der Besitzer des Gasthauses Nr. 2 in Wolfsbach behob früher von
mehreren Bauernhöfen den Zehent, den der Eigentümer dieses Hauses im Jahre 1691
von der Herrschaft Erlakloster käuflich an sich gebracht hatte, daher der Name
„Zehenthof“ (heute Gasthof Templmaier).
Zur Verbesserung des Steueraufkommens, das wiederum der
Erhöhung der militärischen Schlagkraft dienen sollte, führte Maria Theresia
eine Steuerregelung durch (1749-1754), kurz „Theresianische Fassion“ genannt.
Diese sorgte für eine gerechte Besteuerung, bewährte sich und blieb daher 70
Jahre in Geltung.
2 ortsansässige und 3 auswärtige Schätzer stuften den
bäuerlichen Besitz ein, versahen ihn mit topographischen Nummern und trugen ihn
in die Rustikalfassion ein.
Das Jahrhundert zwischen den Franzosenkriegen und dem Ersten
Weltkrieg (1814-1914)
Wie es um Wolfsbach im vorigen Jahrhundert bestellt war,
zeigen uns Schweickhardt in seiner „Darstellung des Erzherzogtums Österreich
unter der Enns“ für das Jahr 1837 und Schwetter in seinem „Heimatbuch der k.k.
Bezirkshauptmannschaft Amstetten“ für das Jahr 1884. Dazu muss bemerkt werden,
dass die heutige Gemeinde Wolfsbach bis zum Jahr 1939 aus den 3 Gemeinden
Wolfsbach, Meilersdorf und Bubendorf bestand. Die Rotten Bubendorf und
Meilersdorf hatten auch schon früher zur Gemeinde Wolfsbach gehört, wurden aber
von ihr im Jahr 1800 getrennt und zu selbstständigen Gemeinden erhoben; so
blieb es aber nur bis 1810.
Es mochte einige Jahrzehnte gedauert haben, bis sich
Wolfsbach von der mehr als zwei Jahrzehnte dauernden Belastung der
Franzosenkriege erholt hatte.
Es waren ja nicht nur jene Lasten fühlbar gewesen, die mit
Truppenbewegungen, militärischer Besetzung und Kämpfen unweigerlich verbunden
sind; vielen Familien waren Söhne, Väter und Gatten entrissen worden, oder
diese waren als Versehrte zurückgekommen.
Die Zeit nach 1815 war nicht wie die Zeit nach 1945
gekennzeichnet durch den Willen, die Schäden des Krieges zu beheben und die
Entwicklung voranzutreiben. Die große Leistung dieser Zeit, die Kultur des
Biedermeier, fand nicht den Weg vom gehobenen Bürgertum der Städte zum
schlichten Landvolk. Und doch fehlte diesen einfachen Bauern und Handwerkern
nicht der Sinn für das Schöne und die Freude an ihm. Unsere volkskundlichen
Museen bergen eine Fülle von Gütern, die zeigen, dass das Landvolk des vorigen
Jahrhunderts nicht nur einen ausgeprägten guten Geschmack hatte, sondern auch
die Fähigkeit, sein schlichtes handwerkliches Tun in die Nähe der Kunst zu
rücken. Dieses Bemühen fand seinen Niederschlag in Häusern und Hausrat, in
Arbeitsgerät und Kleidung.
Fast unerschöpflich ist die fülle an Brauchtum, das sich um
die Feste im Jahreslauf rankt und der beschwerlichen Arbeit Sinn und Weihe gab Diese Arbeit war
voll Mühsal, sie forderte die ganze Kraft. Die Ansprüche, die die bäuerlichen
Menschen an das Leben stellten, waren bescheiden. Die sozialen Schranken, die
Bauern, Handwerker, Häusler und Dienstboten voneinander schieden, waren schwer
zu überwinden. Die Möglichkeit, zu einer selbständigen Existenz zu gelangen, war
fast nur den Erben der Bauern und der Gewerbetreibenden gegeben. Mehr als der
Hälfte der Bevölkerung fehlte jene soziale Sicherheit, die die Gründung einer Familie
ermöglichte.
Für das Alter gab es bei jenen, die keine Heimstatt besaßen,
weder eine dauernde Unterkunft noch ein gesichertes Brot. Nach einem Bericht
aus dem Jahre 1879 befand sich in Wolfsbach allerdings ein Armenhaus. Alte
Dienstboten, die zur Arbeit nicht mehr kräftig genug waren, zogen aber vielfach
als „Quartierter“ von Haus zu Haus, ihre armselige Habe auf einer „Radeltrag“
mit sich führend. Die unverheirateten Geschwister von Bauern oder Bäuerin gaben
meist unbezahlte Dienstboten ab, die im Alter oft nicht gut versorgt waren.
Schweickhart berichtet, dass es in Wolfsbach 1837 zahlreiche
Grundherrschaften gibt, „welche die hausten Unterthanen und Grundholden
besitzen“. Tatsächlich waren es insgesamt 27 verschiedene Grundherrschaften,
die aber in den drei Rotten in wechselnder Zusammenordnung vertreten waren,
sodass auf Wolfsbach 15, auf Meilersdorf 14 und Bubendorf 13 entfielen. Die folgende Darstellung führt sie in alter Schreibung an:
Wolfsbach: Ensegg,
Erla, St. Georgen am Ybbsfeld, Seitenstetten, Pantaleon, Kröllendorf, Schloss
Steyer, Perwarth, Sooß, Wolfpassing, Rohrbach, Salaberg, Pfarre Wolfsbach,
Pfarre Waidhofen, Dechantei Freistadt
Meilersdorf:
Ensegg, Erla, St. Peter, Seitenstetten, Burg Ens, Kröllendorf, Schloss Steyer,
Gleink, Sooß, Dorf an der Ens, Truentenstift Steyer, Salaberg, Pfarre St.
Georgen, Pfarre Waidhofen
Bubendorf:
Gresten, Gleiß, St. Pantaleon, Seitenstetten, St. Peter in der Au, Kröllendorf,
Hagberg, Feiregg, Sooß, Burg Ens, Gleink, Salaberg, Pfarre Waidhofen
Von der Landschaft einer jeden Rotte gibt Schweickhardt eine
gewinnende Beschreibung, die im Ganzen ein gleiches freundliches Bild bietet: „Die
Lage von Wolfsbach besteht aus mehreren namenlosen Hügeln, Thälern und ebenen Strecken,
wobei die Gegend durch die bunte, äußerst anmuthige Abwechslung mit Feldern,
Wiesen und kleinen Gehölzern, gleich wie künstlich angelegt englische Partien,
einen romantischen Charakter enthält“. Es werden alle Getreidegattungen, vorwiegend
aber Weizen und Korn angebaut. Diese Tätigkeit wie der Obstbau „werden in
vorzüglichen Grade betrieben“.
Er rühmt das „ganz vortreffliche“ Klima und Wasser, den
Reichtum an Wild, verweist aber drauf, dass die Fischerei ganz unbedeutend sei.
Eine Zusammenfassung der Angaben für die einzelnen Gemeinden ergibt für ganz
Wolfsbach die folgende Statistik:
Wolfsbach
|
Meilersdorf
|
Bubendorf
|
Summe
|
|
Häuser
|
96
|
103
|
95
|
294
|
Familien
|
126
|
122
|
113
|
361
|
Männer
|
313
|
312
|
261
|
886
|
Frauen
|
317
|
330
|
264
|
911
|
Schulfähige Kinder
|
99
|
54
|
71
|
224
|
Pferde
|
112
|
115
|
76
|
303
|
Ochsen
|
40
|
59
|
137
|
236
|
Schafe
|
168
|
222
|
343
|
733
|
Schweine
|
160
|
180
|
250
|
590
|
Kühe
|
339
|
356
|
-
|
695
|
Bäcker
|
1
|
-
|
1
|
2
|
Hufschmied
|
2
|
1
|
1
|
4
|
Schuhmacher
|
2
|
2
|
1
|
5
|
Schneider
|
1
|
1
|
1
|
3
|
Weber
|
-
|
3
|
2
|
5
|
Wagner
|
1
|
1
|
-
|
2
|
Tischler
|
-
|
1
|
-
|
1
|
Binder
|
-
|
1
|
-
|
1
|
Wirt
|
3
|
-
|
-
|
3
|
Fleischhauer
|
1
|
-
|
-
|
1
|
Krämer
|
1
|
-
|
-
|
1
|
Sattler
|
1
|
-
|
-
|
1
|
Chirurg
|
1
|
-
|
-
|
1
|
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