Direkt zum Hauptbereich

Freimaurer und Rosenkreuzer des 18. Jahrhunderts in Amstetten - Teil 2

Nr. 124 - 1. August 1982 - 11. Jahrgang

FREIMAURER UND ROSENKREUZER DES 18. JAHRHUNDERTS - IHRE WIRKSAMKEIT IN UNSEREM HEIMATLICHEN RAUM – TEIL 2
verfasst von Dr. Leopoldine Pelzl

Fortsetzung von Teil 1

Die Pseudomystik brachte die Freimaurer des 18. Jh. in Zusammenhang mit einem anderen Geheimbund, den Rosenkreuzern.

Geheimbünde, deren "Obere" verborgen, aber mächtig die Geschicke der einzelnen wie der Massen lenkten, waren eine Lieblingsvorstellung des 17. und 18. Jh. Immer wieder finden wir sie in der Dichtung verklärt, immer wieder entstanden in der Tat Geheimbünde. So machte sich Anfang des 17. Jh. ein deutscher Satiriker das Vergnügen, in einer Schrift "allen Gelehrten und Häuptern Europas" vorzugaukeln, es bestehe ein Geheimbund "für die dringliche allgemeine Weltverbesserung", den Ritter Christianus Rosencreutz, geboren 1378, gegründet habe. Gottesfurcht, Tugend und Menschenliebe fordere der Bund von seinen Anhängern. Die Wirkung dieser und anderer seiner Schriften war so nachhaltig und allgemein, dass sich der Satiriker schließlich selbst davon distanzierte. Umsonst. Der Geheimbund der Rosenkreuzer organisierte sich in der Tat mit einem Programm, das dem Neuplatonismus, der jüdischen Kabala und der Mystik entstammte. Er befasste sich vor allem mit Alchemie, der Goldmacherkunst und Magie der Geisterbeschwörung. Bedeutende Männer, wie Komenius, Leibniz und Goethe waren daran interessiert. Die Kirche verurteilte den Aberglauben, belegte aber die Rosenkreuzerbewegung nicht mit dem Bann. Die Folge war, dass sie im katholischen Österreich unter den Bessergebildeten eine ungemeine Verbreitung gewann. Bedachte, aufgeklärte Männer hatten ihr heimliches Goldmacherlabor, 20.000 sollen es in Wien zur Zeit Josephs II. gewesen sein. Heute wissen wir, dass sich aus solch obskuren Anfängen die großartige Wissenschaft der Chemie entwickelt hat.

Freimaurer und Rosenkreuzer, das waren die hauptsächlichen Geheimbünde des 18. Jh. Sie gingen zum Teil ineinander über und sind schwer auseinanderzuhalten. Denn auch die höheren Grade der Freimaurer befassten sich mit Alchemie, und den Rosenkreuzern wieder erschien es unerlässlich, höhere Grade der Freimaurerei zu gewinnen.

Welche Rolle spielten die Geheimbünde in unserm heimatlichen Raum? Ludwig Aigner berichtet darüber in seinem Werk "Geschichte der Freimaurerei in Österreich-Ungarn", 1897.

Sie fanden erst im letzten Drittel des 18. Jh. Eingang. 1776 entstand in St. Pölten eine "Großkomturei", ihr unterstanden im westlichen Niederösterreich die "Komptureien" St. Pölten, Krems, Spitz, Ybbs und Purgstall. Um 1780 bestand im Stift Melk eine rege Rosenkreuzerloge. 1783 gründete man in Linz die erste Freimaurerloge, "Zu den 7 Weisen" genannt.

Im politischen Bezirk Amstetten scheinen sich die Verhältnisse nicht gerade ideal entwickelt zu haben. 1783 berichtete ein Seitenstettner Benediktiner, P. Marianus Drosdeak, ein Rosenkreuzer, dem Wiener Obern des Geheimbundes: Gegen 200 Emissäre schwärmten unter dem Namen Freimaurer in Ober- und Niederösterreich und suchen verschiedene Personen, auch solche des niedrigsten Standes, durch Geldverleihungen an sich zu ziehen, und "der herrliche Name der Freimaurer wurde so misshandelt, dass er bereits dem größten Hohn und Gelächter des Pöbels ausgesetzt war".

Es lieferte auch Beispiele: Der Gastwirt Johann Dorn, Amstetten, im Untern Wörth 3, baute eben sein niedergebranntes Haus mit Schulden wieder auf. Innerhalb eines halben Jahres kamen zweimal Emissäre, bedauerten seine Notlage und versprachen ihm jedes Mal Geld auf die Hand und weiterhin kräftige Unterstützung, wenn er dem Freimaurerbund beitreten wolle. Bei einem Handwerker, ebenfalls in Amstetten, der vordem in größter Not gelebt hatte, herrschte nun Überfluss - in seinem Zimmer hatte er die Embleme der Freimaurerei, Kelle, Hammer, Zirkel und Schrottwaage, hängen. In einem andern Schreiben teilte P. Marianus mit, er wolle im Zuge der josephinischen Klosteraufhebungen seinen Orden verlassen.

Aigner nennt weiter einen Dr.med. Ignaz Hudelist, einstiges Mitglied zweier Wiener Rosenkreuzerlogen. Er trieb sich in den Achtzigerjahren als Missionar der Rosenkreuzer in der Gegend herum und lebte, wie es scheint, von den Taxen, die er vermögenderen Leuten für Freimaurer- und Rosenkreuzergrade abnahm, einige Zeit recht gut.

Er dürfte den Postmeister von Amstetten, Terpinitz, und in Waidhofen/Y. den Landschaftsphysicus Franz Neureiter geworben haben. 1782 schrieb Neureiter an die Wiener Rosenkreuzer, er und "alle hiesigen Brüder" seufzten "annoch im Vorhof" nach höheren Graden. Dennoch traten diese Brüder nicht der Linzer Loge bei. Aigner schließt daraus, dass sie im hiesigen Bereich eine eigene Loge oder einen Rosenkreuzerzirkel gegründet haben.

Eigentümliche Riten der Geheimbünde erstreckten sich auch auf Begräbnisse. Joseph II. hatte für solche "Mummereien" nichts übrig und verbot sie bei Beerdigungen. Dennoch ging bei uns ihre Übung weiter selbst unter den Augen des Kreishauptmannes in St. Pölten. Der Pfarrer von Sindelburg, selbst ein Rosenkreuzer, hielt sich daran und hatte deswegen Anfeindungen zu erdulden. Nun starb der Pfarrer von Strengberg und wurde mit allen Freimaurer-Zeremonien (Kutte, Stab) beigesetzt, der Dechant von Enns nahm sie selbst vor. Der zweite Kaplan von Sindelburg, Joseph Pockhinger, Ritter von Sonnegg, auch ein Rosenkreuzer, teilte es empört seinen Wiener Oberen mit und verlangte, dass sein Brief dem Kaiser selbst eingehändigt werde. Aigner schreibt, dass daraufhin in der Sache von oben durchgegriffen wurde. Auch Pockhinger war eine labile Persönlichkeit. Der Leiter des St. Pöltner Diözesanarchivs, Dr. Winner, dem hierfür herzlich gedankt sei, teilt mit, dass Pockhinger nie die Voraussetzungen geschaffen hat, selbst eine Pfarre zu übernehmen. Er war ein Trinker und wahrscheinlich auch ein Defraudant.

Die Welle der Geheimbünde scheint in unserem Bereich noch mit dem 18. Jh. abgeebbt zu sein, denn Aigner hat weiterhin hierüber nichts mehr zu berichten.


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Übersicht aller Ausgaben - Heimatkundliche Beilage zum Amtsblatt der Bezirkshauptmannschaft Amstetten

Hier erhalten Sie eine Übersicht über die Ausgaben die "Heimatkundliche Beilage zum Amtsblatt der Bezirkshauptmannschaft Amstetten". Einzelne Beiträge (hellblau hinterlegt) können hier online angesehen werden. Alle Ausgaben können bei Bedarf in der Niederösterrichischen Landesbibliothek eingesehen werden. Weitere Literatur zum Mostviertel gibt es hier. Nr Datum Titel Autor 1 1972-05-01 Zum Geleit WHR. Dr. G. forsthuber 2 1972-06-01 Großes heimatkundliches Bildungsquiz 3 1972-07-01 Die reine Fichtenkultur ist eine schlechte Vorsorge für die kommenden Generationen Prof. Peter Schutting 4 1972-08-01 St. Agatha - Eisenreichdornach Dr. Leopoldine Pelzl 5 1972-09-01 Fritz Steiner Dir. Dr. Ernst Werner 6 1972-10-01 Die große St. Georgskapelle in St. Georgen am Reith VD Franz Rautter 7 1972-11-01 Der Kollmitzberger Kirtag - Ein Jahrmarkt mit 800 jähriger Tradition Mag. Dr. Heimo Cerny 8 1972-12-01 Aufführungen unbekannter Kompositionen im Promulgationssaal des Stif

Türkenbelagerung 1683 im Mostviertel - Spurensuche

Kurzer Überblick über die Situation im Jahr 1683 Am 7. Juli 1683 überschritten die Türken mit ca. 300.000 Mann die Grenze Niederösterreichs. Zwischen St. Pölten und Wilhelmsburg hatten sie ein 20.000 Mann starkes Lager aufgeschlagen, das als Stützpunkt für ihre Raubzüge diente, die sich bis in das Mostviertel und dort sogar hinunter bis zum Gebirge erstreckten. Während Großwesir Kara Mustapha vom 14.7. bis 6.9.1683 Wien mit ca. 200.000 Mann eingeschlossen hielt, drangen türkische Raubscharen ins Hinterland vor und verbreiteten auf ihrer Suche nach Reichtümern vielerorts Schrecken und Verwüstung. Sie waren dabei nicht nur auf der Suche nach wertvollen Kleinodien, sondern vor allem Menschen konnte man zu dieser Zeit gewinnbringend verkaufen. Auf ihren Plünderungszügen wurde geraubt, gemordet und niedergebrannt. Es fielen auch viele langsame, ältere Menschen und sogar Kinder den Gräueltaten zum Opfer. Manche wurden erst nach Tagen oder Wochen in Wäldern entdeckt und bestattet. Viele M

Taufe und Firmung - Das Brauchtum im Lebenslauf im Mostviertel einst und jetzt

Heimatkundliche Beilage zum Amtsblatt der Bezirkshauptmannschaft Amstetten Nr. 105 -   15. Jänner 1981 -   10. Jahrgang Das Brauchtum im Lebenslauf - einst und jetzt (Teil 1) (verfasst von Oberstudienrat Dr. Rosine Schadauer) 1. TAUFE und FIRMUNG An die drei wichtigsten Ereignisse im Menschenleben - Geburt, Vermählung, Tod - knüpfen sich zahlreiche, oft uralte Bräuche. Sie wurzeln im engen Bereich der Familie. Wurde ein Kind erwartet, dachten die Eltern "ehzeitig" ans "G'vatterbitten". So wählten sie unter ihren "Freunden" (Verwandten) ein Paar ehrsame, hausgesessene Leute aus. Eine Zurückweisung war nicht zu befürchten. Aus der Taufe zu heben galt nämlich als "das gute" oder "das christliche Werk". Durch die Patenschaft baute man sich "einen Staffel in den Himmel". Mindestens so viele Gödenkinder wollte man haben, dass sie den Paten einst zu Grabe tragen konnten. Der Vater bat im allerschönsten Ge