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Freimaurer und Rosenkreuzer des 18. Jahrhunderts - Teil 1

Nr. 123 - 1. Juli 1982 - 11. Jahrgang

FREIMAURER UND ROSENKREUZER DES 18. JAHRHUNDERTS - IHRE WIRKSAMKEIT IN UNSEREM HEIMATLICHEN RAUM – TEIL 1
verfasst von Dr. Leopoldine Pelzl

Die Freimaurerbewegung, bis heute lebendig geblieben, entstammt der Epoche der Aufklärung des 18. Jh. Kant nannte die Aufklärung "den Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit". Das Streben nach verstandesmäßiger Erkenntnis, auf der unsere heutige Wissenschaft und Technik beruhen, war zu dieser Zeit bereits zu einer Massenbewegung der gebildeten Welt geworden und führte u.a. zum Freimaurertum.

Dieses trug allerdings auch stark historisches Gepräge. Schon allein, was seinen Namen betrifft. Freimaurer nannte man im Mittelalter Maurer- besser gesagt Steinmetzgesellen, die sich freizügig bei Bauhütten verdingen konnten. Eine Bauhütte war das Werkszentrum bei Errichtung großer Gebäude, etwa der mittelalterlichen Dome, eine Stätte kochqualifizierter Technik und Geistigkeit. In den Bauhütten musste schließlich auch der Stil der Renaissance erarbeitet werden. Die Abwendung von der Gotik war in der Baukunst der Anbruch der neuen Geisteshaltung, die sich von der mittelalterlichen Gläubigkeit frei machte. Dieser hochbedeutsame stilistische Neubeginn interessierte allgemein, und gebildete Menschen aller Kategorien fanden sich in den Bauhütten ein. Die Erörterungen dort weiteten sich schließlich auf alle Probleme des neuen Zeitgeistes aus, und so entstanden am Beginn des 18. Jh. die "Logen" der Freimaurer. Die Bezeichnung Loge stammt von dem englischen Wort für Bauhütte, logde, denn von dort ging die Bewegung aus.

Vernunftbegründet waren ihre verbindlichen Grundsätze: Wahrheit, Selbstkritik, Menschenliebe, Duldsamkeit und Wohltätigkeit waren die ethisch-sozialen Forderungen; Gott verehrte man als den allmächtigen Baumeister aller Welten. In solchem Sinn wollten die Freimaurer eine erneuerte Welt aufbauen. Das Maurerwerkzeug Hammer, Kelle, Winkelmaß und Schurz wurde ihnen zum Symbol ihres weltumfassenden Unterfangens. Sie nannten und nennen sich untereinander Brüder. Frauen sind nicht zugelassen. Der Obrigkeit waren und sind sie gehorsam. In den Sitzungen sind parteipolitische und bekenntnisgebundene religiöse Erörterungen nicht gestattet.

Wer wollte sich nicht zu so hohen Zielsetzungen bekennen? Hier wehte der Atem der neuen Zeit. Erst war das Freimaurertum eine Bewegung des gebildeten Bürgertums, bald gesellte sich auch der Adel hinzu, und so manche Reformen der aufgeklärten Zeit beruhten auf freimaurerischem Ideengut. Allerorten in Europa wuchsen seit der Mitte des 18. Jh. Logen auf. Hier fand man anregendes Gespräch und zukunftsträchtige Ideen; mit den Einkünften aus den hohen Taxen schuf und unterstützte man Schulen, Kinder- und Altenheime, und schließlich waren die Logen für die Offiziere in den öden Kasernenorten ein besserer Geselligkeitsort als die Schenken.
Doch wo viel Licht, ist auch viel Schatten!

Die vernunftmäßige "Naturreligion", zu der sich die Freimaurer bekannten, stand in unvereinbarem Gegensatz zu den Offenbarungsreligionen. Je stärker die Freimaurerbewegung wurde und je mehr sie eigene religiöse Riten entwickelte, umso größer wurde die Gefahr für den christlichen Glauben. Schon 1738 sprach der Papst über die Freimaurerei den Bann aus, und fast 200 Jahre währte ein leidenschaftlicher Glaubenskampf, mit all seinen Schwierigkeiten für den einzelnen Menschen.

Die Logen waren lange Zeit Geheimbünde, untereinander aber in Über-, Untere und Nebenordnung verbunden. Sie bildeten also einen Block innerhalb des Staates, ja, über die Staaten hinweg, der der behördlichen Aufsicht gänzlich entzogen war. Das war für jedes Staatswesen unannehmbar, besonders aber für den Absolutismus, der Staatsform des 18. Jh. In Österreich kämpften Maria Theresia und Joseph II. dagegen an; 1785 erließ Joseph II. ein Freimaurerpatent, das die Maurer unter staatliche Kontrolle bringen sollte. Unter Maria Theresia waren sie zeitweise verboten, ebenso unter Franz I., als sich nämlich freimaurerisches Ideengut in den Parolen der Französischen Revolution vorfand. Heute entsprechen die Freimaurerbünde in allem den staatlichen Vereinsgesetzen.

Das Volk hatte Scheu vor dem geheimnisreichen Tun der Maurer und lehnte sie ab, zumal auch die katholische Kirche gegen sie einschritt. Man hielt sie für Atheisten, Teufelsbeschwörer, die in Selbstmord und ewiger Verdammnis enden.

Ein vornehmliches Gebot der Freimaurer war es, "leidende Brüder" zu unterstützen. So suchten Notleidende Aufnahme in eine Loge zu finden, einzig um solch tatkräftiger Hilfe teilhaftig zu werden. Zu weit ging die Unterstützung, wenn Unwürdige durch den Einfluss von Freimaurern auf Posten und Plätze gehievt wurden, nur weil sie "Brüder" waren.

So aufgeklärt sich die Freimaurer gaben, sie standen doch noch sehr im Banne des mystischen Denkens, das die Jahrhunderte zuvor geprägt hatte. Mystisch-symbolisch waren ihre Bräuche und Riten. Genaueres über sie ist nie in die Öffentlichkeit gedrungen. Nicht anders ihre "Lehre". Nur in drei Graden vermochte man in sie einzudringen, als "Lehrling", "Geselle" und schließlich als "Meister". Unbewältigter Mystizismus spielte den deutschen Freimaurern im 18. Jh. einen bösen Streich. Über die "Lehre" hinaus wollten sie zu Erkenntnis gelangen. Diese brennende Begierde nützten einige Schlaue. Sie gaben vor, im Besitz des geheimen Wissens zu sein, das die Rätsel der Welt löse. Von den Maurern am salomonischen Tempel, über spätantike Akademien und den Templerorden der Kreuzritterzeit sei es ihnen zugekommen. Sie wollten Eingeweihten "höherer Grade" die sie schufen, solcher Erkenntnis teilhaftig machen, allerdings mussten
sich die Logen ihrer Führung unterstellen und hohe Taxen abliefern. Dieses Geschäft ging sehr lange sehr gut. Schließlich kam der Schwindel auf, und die allzu Gutgläubigen waren dem Gelächter preisgegeben.


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